Abstimmung auf der Krim

Welche Überraschung! Putin hat das von ihm, gegen alle Regeln eines Rechtsstaates und des Völkerrechts, angesetzte „Referendum“ haushoch gewonnen. Die Abstimmung auf der Krim war eine Farce und hat niemanden, außer hartgesottenen Nationalisten in Russland bzw. in Westeuropa, gefallen. Es ist interessant, dass zum Beispiel Vertreter von rechten Parteien, von Berlusconi bis zur FPÖ, Putin die Mauer gemacht haben. Das ist ein eigenartiges Demokratieverständnis dieser Herrschaften.

Aber wen hat Putin noch überzeugt? Kaum jemand. Denn auch die Chinesen können der einseitig erzwungenen Abspaltung der Krim nichts abgewinnen. Denn sie haben etliche Gebiete, wie zum Beispiel Tibet, welche auch dafür in Frage kämen. Und auch sonst treue Bündnispartner Russlands mit großen Anteilen an russisch sprechender Bevölkerung, wie Kasachstan, fürchten Putins Methode sich als Verteidiger aller Russen aufzuspielen und in andere Länder einzumischen. So steht Russland international ziemlich isoliert dar.

Und was ist mit dem Lieblingsprojekt von Putin, der „Eurasischen Union“, die Putin um „sein“ Russland scharen möchte? Die Ukraine hat er schon verloren. Und das hält die anderen Staaten wie Kasachstan, Weißrussland etc. davon ab sich in die Abhängigkeit Russlands zu begeben. Die Ukraine wäre wenigstens ein Gegengewicht zu Russland in dieser Union gewesen. Aber jetzt ohne Ukraine sieht die Sache anders aus.

Diese Isolierung Russlands und der Verlust der Vision einer tatkräftigen Eurasischen Union ist die härteste „Sanktion“ für die Putin’schen Politik. Die Krim hat er gewonnen, aber sonst? Jedenfalls liegt es jetzt an Europa, sich mit all jenen zu verbünden, denen die Politik Putins einen Schrecken eingejagt hat. Viele der Regierenden dieser Länder sind nicht die lupenreinen Demokraten, aber sie bedrohen wenigstens nicht ihre Nachbarn.

Als nächsten Schritt muss Europa alles tun, um die territoriale und gesellschaftliche Integrität der Ukraine aufrecht zu erhalten. Das heißt, wir müssen die Ukraine wirtschaftlich und finanziell unterstützen. Aber nicht ohne Bedingungen. Die gegenwärtige Übergangsregierung sollte angehalten werden, ihre Arme in Richtung aller BürgerInnen auszustrecken. Sie muss in besonderem Masse, den russischsprachiger BürgerInnen entgegenkommen. Die einen Oligarchen durch andere zu ersetzen ist zu wenig. Es geht um radikale Reformen des Rechtsstaates und um einen effizienten Kampf gegen die Korruption. Und am besten wären baldige Neuwahlen eines Parlaments, das dann eine Regierung der nationalen Einheit bestellen könnte.

Eine umfangreiche Mission der OSCE, der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, sollte überdies sein, alle Unregelmäßigkeiten und Verletzungen der inneren und äußeren Sicherheit in der Ukraine zu überwachen. Also sowohl russische Interventionen und Verletzungen, als auch die von faschistoiden para-militärischen Organisationen sollten beobachtet und gemeldet werden. Denn Europa will eine demokratische Ukraine unterstützen und das heißt dass die undemokratischen Elemente dieser Revolution deutlich in den Hintergrund gerückt werden sollten.

Europa selbst sollte endlich eine strategische Energiepolitik betreiben und die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen reduzieren. Russland wird ein wichtiger Energielieferant  bleiben. Aber je mehr wir andere Bezugsquellen erschließen, desto mehr können wir auch den Preis bestimmen und auch manche politisch motivierte Lieferschwierigkeiten durchstehen. Verflüssigtes Gas, LNG ist sicher für manche ein Zauberwort. Aber die hohe Nachfrage aus Asien nach LNG macht dieses Angebot nicht gerade billig – selbst wenn die USA ihre Exportsperre für ihr Gas aufheben würde.

Andere wieder empfehlen die Suche nach Schiefergas in Europa. Aber man muss sich der ökologischen Probleme bei der Gewinnung von Schiefergas (shale gas) bewusst sein. Natürlich sind Energiesparen und die Umstellung auf Energiegewinnung aus Wind und Sonne weitere wichtige Möglichkeiten. Wie auch immer, man wird eine Fülle von Maßnahmen setzen müssen, um die Gaslieferungen nach Europa zu diversifizieren. Und dann hat man auch bessere Karten in den Verhandlungen mit Russland. Aber es wäre absurd Gaslieferungen aus Russland zu stoppen.

Und es wäre ebenso absurd einen Wirtschaftskrieg mit Russland zu beginnen. Putin wird nicht ewig im Amt bleiben. Wichtig ist seine Isolierung zu stärken und ihm gleichzeitig einen Weg aufzuzeigen aus der Isolation zu kommen, falls er seine imperialistische und primitive Machtpolitik aufgibt. Das Angebot an eine Politik der Kooperation unter Respekt der Unabhängigkeit und der Entscheidungsfreiheit all unserer gemeinsamen Nachbarn muss bestehen bleiben. Putin hat die Wahl. Er würde mehr gewinnen, würde er unser Angebot annehmen. Es liegt an ihm, ob er lieber die Macht über einige kleine territoriale Gebiete mit all den verbundenen Unsicherheiten haben möchte, oder gemeinsam mit der EU für Stabilität und Sicherheit an den Grenzen Russlands sorgen möchte.