Am Finanzplatz London

Hannes SwobodaEine Organisation namens „Open Europe“ hatte mich schon vor einiger Zeit eingeladen, an einer Diskussion über die Auswirkungen der Euro-Krise auf die City of London und insbesondere auf die dortigen Finanzmärkte mitzuwirken. Erst später wurde ich über die stark europa- kritische Haltung dieser Organisation aufgeklärt. Aber das war kein Grund meine Teilnahme abzusagen.

Ich benutzte natürlich auch die Gelegenheit meines Aufenthaltes in London, um mit einigen Labour Abgeordneten Gespräche zu führen und um die speziellen Empfindlichkeiten britischer Politik besser zu verstehen. Man kann ja viel an der generellen britischen Haltung gegenüber der EU aussetzen, aber Labour ist bei weitem europafreundlicher und konstruktiver als die Konservativen und als die britische Presse. Und daher werde ich auch in nächster Zeit die Kontakte mit der Labour Party intensivieren.

Die grundsätzlich pro- europäische Haltung trifft im Übrigen auch auf die Vertreter des Finanzplatzes London, also der City of London zu. Sie hatten mich zu einem ausführlichen Gespräch im Herzen der City eingeladen. Ihre erste Botschaft war ihr Bekenntnis zur gemeinsamen EU und zu gemeinsamen europäischen Regelungen der Finanzmärkte. Sie wandten sich gegen die Versuche des britischen Premierministers sich als Verteidiger ihrer Interessen aufzuspielen, sie können das selbst besser und zwar in einem Dialog mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission.

Hinsichtlich konkreter Regulierungsvorhaben gab und gibt es sicher Meinungsverschiedenheiten. Dabei sind sie für starke Regelungen was den Schutz ihrer Klienten also der KonsumentInnen von Finanzdienstleitungen betrifft. Aber anderseits wollen sie bei ihren eigenen internationalen Veranlagungen möglichst freie Hand haben. Ich sehe allerdings dabei einen Zusammenhang. Denn was nützen dem Klienten der Konsumentenschutz und seine Ansprüche gegenüber dem Finanzinstitut, wenn dieses extrem risikoreiche und letztendlich verlustreiche Engagements eingeht. Aber diesbezüglich wird es noch etliche Gespräche und Verhandlungen geben.

Auch die anschließende Diskussion bei „Open Europe“ verlief durchaus in geordneten Bahnen. Die Chefin des britischen Bankenverbands sprach sich ebenfalls für europäische Regulierungen aus und warb für ein effiziente Verteidigung des Euro, auch im britischen Interesse. Sogar der konservative Abgeordnete, der mit am Podium saß, war relativ moderat.

Eine Frage die sowohl am Podium als auch schon vorher in der City of London kontrovers diskutiert wurde, war natürlich die Frage der Finanztransaktionssteuer. Sie gefällt den Briten und auch den anderen Teilnehmern des Finanzplatzes London nicht. Dennoch bin ich fest überzeugt, dass wir sie brauchen. Ob sie allerdings in der ganzen EU und auf alle Finanztransaktionen kommen wird, das wage ich zu bezweifeln. Aber ich werde mich in den nächsten Wochen diesbezüglich besonders bemühen. Mit einigen nationalen Parteivorsitzenden und Finanzministern habe ich schon Termine vereinbart, um mögliche Schritte zur Verwirklichung zu diskutieren.