Bei der Harmonie-Partei in Riga

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Riga

Es war ein sehr winterliches Riga, in das eine kleine Delegation unserer Fraktion mit Martin Schulz angereist ist. Zweck waren vor allem Gespräche mit der sozialdemokratischen Harmonie-Partei bzw. einem Bündnis dieser Partei mit mehreren anderen „linken“ Parteien. Vorsitzender dieses Bündnisses ist der Bürgermeister von Riga, Nil Ushakov, ein sehr junger Funktionär der Harmonie-Partei. Diese Partei ist ursprünglich die Partei der russischsprachigen Bevölkerung von Lettland und hatte daher viel Misstrauen seitens der mehrheitlich „lettischen“ Letten zu erdulden. Die alte lettische politische Klasse hat aber nicht zuletzt durch die Lettland besonders hart treffende Wirtschaftskrise starke Einbussen ihres Images und ihrer Wählerschaft hinnehmen müssen. Das gab den „russischen“ Parteien eine Chance, ihr Wählerpotential zu erweitern, und so geht Bürgermeister Ushakov davon aus, dass er zu 70% von der russischsprachigen Bevölkerung und zu 30% von den „autochthonen“ Letten gewählt wurde.

Natürlich macht Lettland die Wirtschaftskrise schwer zu schaffen und die Löhne und Gehälter der öffentlichen Bediensteten wurden mehrmals gesenkt. Auch öffentliche Einrichtungen und Dienste wurden zurückgenommen. Bürgermeister Ushakov versucht dies in einer ausbalancierten Form zu tun, und das linke Bündnis zwingt auch die konservative Regierung zu einer einigermaßen ausgewogenen Sparpolitik. Lange diskutierten mit den Vertretern der Harmonie-Partei, wie ein anderer Weg aus der Krise, nämlich mit mehr sozialer Rücksicht, möglich wäre. Denn natürlich stimmt es, dass die stark neo-liberale und fast ausschließlich auf Dienstleistungen ausgerichtete Politik der vergangenen Jahre die Krise in Lettland besonders verschärft hatte. Aber diese neoliberale Ausrichtung kam nicht so sehr aus der „EU“, sondern verstärkt aus Lettland und seinen baltischen Nachbarn selbst. Nicht alle Unternehmungen haben dabei Schiffbruch erlitten. Einer, der sehr erfolgreich war und unter anderem die airBaltic zu guten Ergebnissen geführt hat, ist ein Unternehmen, der auch politisch tätig ist und der stake Mann in der Rathauskoalition hinter Bürgermeister Ushakov ist.

Bleibt für uns europäische Sozialdemokraten zweierlei zu hoffen. Erstens, dass ein wirtschaftliche Aufschwung auf realer Basis und mit sozialer Absicherung gelingt. Und zweitens, dass das Bündnis mit der Harmonie-Partei im Zentrum die nächsten Wahlen gewinnt. Ja, und vielleicht noch ein wichtiger Faktor, dass Lettland ein vernünftiges und pragmatisches Verhältnis zu Russland entwickelt und damit die Spannungen zwischen den baltischen Ländern und Russland, die auch die EU belasten, verringert.