Die Sinnhaftigkeit der Kernenergie…

Peter von Bechen / pixelio.de

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Wir müssen trotz manchem Widerstand immer wieder Fragen nach der Sinnhaftigkeit, den Kosten und dem ethischen Wert der Kernenergie stellen – und natürlich die Alternativen diskutieren sowie Pläne für den Ausstieg schmieden.

Die Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von Fukushima auf die Umwelt und Gesundheit sind weit aus größer als ursprünglich angenommen. Aber dennoch sind viele noch immer nicht überzeugt, dass wir den Ausstieg aus der Atomenergie ernsthaft angehen müssen. Und dabei geht es nicht nur um die Atomlobby. Da wird mir viel zu einfach „argumentiert“. Diese Lobby ist sicherlich eifrig bemüht, die Katastrophe als einen einmaligen Sonderfall darzustellen. Aber manche Energieexperten und PolitikerInnen haben sich durchaus gewandelt und sind an einem realistischen Ausstieg interessiert und helfen mit, daran zu arbeiten. Und dieser ist weder technisch noch politische einfach. Aber er ist notwendig.

Nun, eines der Hauptargumente gegen den Ausstieg ist der Mangel an Alternativen aus ökologischer Sicht: der Ersatz der Atomenergie durch Kohle- und Gaskraftwerke schlägt sich negativ auf die CO2-Bilanz nieder. Gas ist viel umweltfreundlicher als Kohle, aber ein massiver Ersatz der Kernenergie durch Energie aus Gaskraftwerken ist sicherlich nicht optimal. Ich haben daher auch selbst immer wieder die Notwendigkeit betont, die erneuerbaren Energieproduktionen auf der Basis von Sonne und Wind in den Vordergrund zu stellen. Zugegeben, diese sind relativ volatil, da nicht immer die Sonne scheint und/oder der Wind bläst. Daher braucht es zum Beispiel Gaskraftwerke, die einspringen können bzw. verbesserte Speichermöglichkeiten, unter anderem durch Pumpspeicherkraftwerke. Ob sie nun in Österreich oder Norwegen stehen, sollte dabei keine Rolle spielen.

Was die Sonne betrifft, so kann sie auch in der Sahara den Strom erzeugen und dieser dann in den betreffenden Ländern selbst verwendet bzw. nach Europa exportiert werden. Erdgas muss zum großen Teil importiert werden, aber auch Biogas kann zur Stromerzeugung verwendet werden. Eine energetische Selbstversorgung Europas wird so schnell nicht erreicht werden können. Aber ein möglichst hoher Grad der Selbstversorgung, nicht zuletzt durch dezentrale Energieproduktionen, ist sicherlich anzustreben. Und was die Importe betrifft, so sollen sie aus verschiedenen Ländern und Regionen und auf verschiedenen Wegen nach Europa kommen. Eine solche Diversifizierung mindert das Versorgungsrisiko. Das gilt auch für die Erhöhung der Speicherkapazitäten.

Ebenso müssen die Leitungsnetze ausgebaut werden, um den Strom aus den Regionen wo er optimaler Weise produziert wird ( zum Beispiel mittels Wind im Norden und mittels Sonne im Süden) dorthin zu bringen, wo er gebraucht wird. Und das Netz und vor allem die Stromverbrauchsmessungen müssen „ökologisiert“ werden. Das heißt, die KonsumentInnen müssen ihren Stromverbrauch nach ökologischen Kriterien steuern können (smart metering). Damit könnten die Spitzen im Verbrauch abgeflacht und die individuellen und gesellschaftlichen Kosten gesenkt werden.

Was nun den CO2 Ausstoß betrifft, so müssen wir weiter daran arbeiten, ihn zu senken. Und da ist vor allem der Verkehrs- und der Bausektor heranzuziehen. Hinsichtlich letzterem ist beim Neubau möglichst an Null-Energiehäuser zu denken und beim Altbau an die thermische Sanierung. Beim Verkehr sollte ungeachtet der finanziellen Probleme der öffentliche, vor allem der schienengebundene, Verkehr ausgebaut werden. Was den Autoverkehr betrifft, so sollte vermehrt darangegangen werden, Wasserstoff und vor allem CNG, also komprimiertes Erdgas, einzusetzen. Langfristig ist natürlich die Elektromobilität anzustreben, vor allem wenn der Strom primär aus Erneuerbaren erzeugt wird.

Und wenn dann noch die Kosten der Kernenergie den tatsächlichen Kosten entsprechen, wird die Attraktivität dieser Art Strom zu erzeugen, sinken. Oftmals sind weder öffentliche Subventionen noch die Kosten der Endlagerung bei der Strompreiskalkulation berücksichtigt. Von den Kosten solch katastrophaler Unfälle wie jüngst in Japan ganz zu schweigen. Des Weiteren wurden die Kosten sicherlich auch durch entsprechende Sicherheitsauflagen steigen. Denn wir müssen aus den Unfällen lernen und entsprechende Sicherheitsmaßnahmen setzen. Aufgrund der Bevölkerungsdichte unseres Kontinents sind alle Länder von möglichen Unfällen betroffen und daher müssen alle mitreden können. In diesem Sinne müssen die angekündigten Stresstests verbindlich sein und auch für die Nachbarländer wie die Ukraine und die Schweiz gelten und sie müssen nach strengen Kriterien gestaltet werden und von unabhängigen Experten durchgeführt werden.

Ein schrittweiser Ausstieg aus der Kernenergie ist ohne Schaden für die Umwelt möglich. Sicher fällt er in Ländern mit geringerem Anteil der Nukleartechnologie an der Stromerzeugung leichter, als in Ländern wie in Frankreich, Belgien und der Tschechischen Republik. Aber jedes Atomkraftwerk weniger bedeutet weniger Risiko. Und daher müssen wir jenseits von radikalen Zielen auch an einem konkreten, realistischen und umsetzbaren Plan für die Energiewende in Europa arbeiten. Jedenfalls sehe ich darin meine Aufgabe.

Und dabei stehen die Bemühungen um das Energiesparen und die Erhöhung der Energieeffizienz im Vordergrund. Dabei ist es richtig, dass Europa weitaus energieeffizienter als andere Kontinente ist. Aber wir müssen die begonnenen Doppelstrategie intensivieren. Wir müssen möglichst rasch für Europa und die einzelnen Mitgliedsstaaten verbindliche Effizienzziele beschließen, wie dies auch das Europäische Parlament vor Kurzem gefordert hat. Und wir müssen den anderen wie der Ukraine, Russland, China etc. helfen, auch ihre Energieeffizienz zu steigern. Denn je weniger fossile oder Kernenergie in unsere Welt verbraucht wird, desto besser für das Klima und die globale Sicherheit.