Eine Reise in den Süden

DSC_0214Nach der letzten „Brüssel Woche“ machte ich von Wien aus eine Rundreise in den Süden. Erste Station war Savudrija in Kroatien. Über 2000 Jugendliche von verschiedenen sozialistischen Jugendorganisationen waren hier auf ihrem traditionellen Sommercamp. Gemeinsam mit einer griechischen und einem spanischen Jugendfunktionär diskutierte ich über Wege aus der Krise und am nächsten Tag stellte ich mich einer Fragestunde. Ich war begeistert von dem Engagement der vielen Jugendlichen und ihrer klaren europäischen Orientierung. Dass die politische Praxis mehr Pragmatismus verlangt, ist selbstverständlich, aber ein wenig mehr an Grundsätzen und Zukunftsvorstellungen täte der Politik, auch der europäischen, sicher gut. Und diese Botschaft kann man von solchen Diskussionen immer mitnehmen.

Dann ging es über die Schengen-Grenze nach Slowenien, konkret nach Piran. Dort empfing mich der Bürgermeister. Ich war überrascht, dass mich ein Schwarzafrikaner begrüßte, hatte ich doch vergessen, dass die PiranerInnen einen Ghanesen zu ihrem Bürgermeister gewählt haben. Er hatte in Laibach Medizin studiert, heiratete eine Kroatin, die in Slowenien lebte und kam dann als Arzt nach Piran. Als er von dort in seine Heimat zurückkehren wollte, organisierten die BewohnerInen eine Petition und er blieb. Und später wurde er zum Bürgermeister gewählt. Wäre das in Österreich möglich?. Ich bezweifle es, aber wahrscheinlich ist das auch in Slowenien nicht alltäglich.

Von Piran ging es dann nach Laibach. Eingeladen hat mich ursprünglich der Bürgermeister und Vorsitzende der Partei/Bewegung Positives Slowenien, die bei den letzten nationalen Wahlen die größte Partei geworden ist. Dabei hat sie vor allem der Sozialdemoktischen Partei viele Stimmen abgenommen. Positives Slowenien ist eine „links-populistische“ Partei, von einem erfolgreichen Unternehemer gegründet. Viele Forderungen und Ziele entsprechen unseren. Was mich ein wenig stört, ist die starke Orientierung der FunktionärInnen und Abgeordneten am Vorsitzenden. Er ist sicher äußerst populär. Das habe ich auf einem Rundgang duch Laibach und auf einer von ihm organisierten Bootsfahrt entlang der neugestalteten Uferzone in der Stadtmitte gemerkt. Es liegt nun an den beiden Parteien, den Sozialdemokraten als Mitgliedspartei unserer Familie und der Partei Positives Slowenien, ob und wie sie zusammenarbeiten wollen. Soweit es um sozialdemokratische Grundsätze geht, sollten sie jedenfalls gemeinsam vorgehen.

Im Laufe der Gespräche haben mich zuerst die Sozialdemokraten und dann Abgeordnete der anderen Partei darauf aufmerksam gemacht, dass die Regierung im Dringlichkeitsverfahren ohne ausreichende Zeit für Diskussion und Debatten wichtige Gesetze durchboxen will. Ich nahm das zum Anlass für Kritik an diesem undemokratischen Verfahren, weil gerade auch das im Falle Rumäniens – mit Recht – kritisiert wird. Anscheinend ist das in einem Teil der Medien in Slowenien nicht gut angekommen und brachte die Sozialdemokraten in einen Argumentationsnotstand. Denn mein Hinweis wurde so interpretiert, als ob ich Slowenien mit Rumänien vergleiche. Das war nicht meine Absicht. Aber wir müssen eine klare Linie in Europa haben. Und ich sehe immer mehr Tendenzen, die Demokratie bzw. den Parlamentarismus zu untergraben. Und dagegen müssen wir uns wehren.
Den Abschluss meines Aufenthalts in Laibach bildete ein Gespräch mit Vertretern der Jugendorganisation von Positives Slowenien. Sie gehörten sicherlich zu den „bürgerlichen“ Schichten, waren aber durchaus gesellschaftskritisch eingestellt. Vor allem waren sie sehr an einem anderen Europa interessiert.

Dann ging es zurück nach Österreich, konkret nach Kärnten. Sowohl in den öffentlichen Veranstaltungen wie im Bildungshaus in Tainach sowie in Gesprächen in geladenen Kreisen – innerhalb der SPÖ und parteiübergreifend – bemerkte ich ein lebhaftes Interesse an europäischen Fragen. Natürlich stand auch hier die Wirtschaftskrise und ihre Überwindung im Mittelpunkt des Interesses. Leider, wie manche bemängelten, gibt es doch viele andere wichtige Fragen, Probleme und Anliegen in Europa zu diskutieren. Vor allem gebe ich jenem Kärntner Recht, der meinte, man müsste meine „Geschichte“ über den Ursprung der EU fortsetzen und in die Zukunft überführen. Leider bin ich selbst unsicher über den wahrscheinlichen Weg in die Zukunft geworden. Und in Zeiten wie diesen möchte ich nicht ein unrealistisches, rosa Bild zeichnen.

Auf dem Weg nach Wien machten wir noch eine kurze Zwischenstation am Flughafen Thalerhof. Eine Gruppe von BürgerInnen wollte in Reaktion auf einen Artikel über mich im Standard mein Bekenntnis zum BürgerInnengespräch testen. Gerne war ich bereit, kurzfristig und sicher zu kurz ein solches Gespräch zu führen. Ich hoffe, es lässt sich im Herbst längerfristig organisiert fortsetzen. Solche Gespräche sind mir wichtig, da ich natürlich meine Positionen, vor allem auch meine Argumente abtesten möchte. Denn ohne Diskussion mit den BürgerInnen verlieren wir uns in Illusionen, was die Menschen, für die wir ein neues Europa aufbauen wollen, sich wünschen. Und davor sollten wir uns hüten. Man darf nicht allen Meinungen nachlaufen, aber sich auch nicht vor ihnen hüten und verstecken.