Energie 2020

energie4Wie sich die Welt energiepolitisch entwickelt, wird eine der wichtigsten und spannendsten Fragen der Zukunft sein. Zu einer nachhaltigen globalen Energie- und damit Umweltentwicklung muss Europa, ein Kontinent, der in der Vergangenheit sehr viel Energie konsumiert, um nicht zu sagen verschwendet hat, einen entsprechenden Beitrag leisten. In diesem Sinne hat die EU-Kommission jüngst einen Bericht veröffentlicht, der den Titel. „Energie 2020 – Eine Strategie für wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie“ trägt. Und am 4. Februar 2011 möchte sich der Europäische Rat (der Staats- und Regierungschefs) mit denselben Fragen eingehend beschäftigen.

Die Vorschläge der EU-Kommission beziehen sich auf fünf Schwerpunkte bzw. haben fünf Zielsetzungen:

1. Europa energieeffizient machen.
2. Einen wahrhaft europaweite integrierten Energiemarkt schaffen.
3. Verbraucherautonomie stärken und das höchste Niveau an Sicherheit und Gefahrenabwehr erreichen.
4. Die Führungsrolle Europas im Bereich der Energietechnologien und Innovationen ausbauen.
5. Die externe Dimension des Energiemarkts stärken.

Wie ich in einer Presseaussendung unmittelbar nach Veröffentlichung der Vorschläge zum Ausdruck gebracht habe, kann ich viele Ziele und Vorschläge der EU-Kommission teilen. Aber es fehlt oft an der Verbindlichkeit der Ziele und an konkreten Maßnahmen, um sie zu erreichen. Diesbezüglich wird dann meist auf zukünftige Berichte der Kommission verwiesen, aber wie die Kommission selbst sagt, die Zeit drängt. Dennoch sollen im Folgenden einige Punkte herausgegriffen werden.

Interessant ist die Angabe, dass sich Haushalte bei einer erhöhten Energieeffizienz bis zu 1000 Euro pro Jahr ersparen können. Die Kommission verlangt Effizienz-„benchmarks“ sowohl für die Industrie als auch für den öffentlichen Sektor. Bezüglich letzterem wird vor allem das öffentliche Auftragswesen angesprochen und es werden klare Energieeffizienz-Kriterien bei den öffentlichen Ausschreibungen verlangt. Ebenfalls wird auch deutlich die Verkehrspolitik angesprochen und eine „Dekarbonisierung“ des Verkehrs mit dem Ziel einer „sauberen städtischen Mobilität“ verlangt.
Ich hoffe, diese Forderungen werden nicht wieder vom Marktdogma eingeholt. Angesichts der rot-grünen Koalition in Wien sind die erstmals klaren Forderungen hinsichtlich der städtischen Mobilität und der Ziele der „smart cities“ besonders interessant. Da kann sich ein spannendes Wechselspiel zwischen der Kommunalpolitik in Wien und der europäischen Politik ergeben.

Sehr stark geht die Kommission auch auf den Netzausbau in Europa ein. Mit Recht werden Investitionen eingefordert, die das europäische Stromnetz auf den Bedarf der verstärkten Einspeisung von Sonnen- und Windenergie adaptiert. Der Bericht geht davon aus, dass bis 2020 Energieinvestitionen in der Größenordnung von einer Billion Euro erforderlich sind. Wichtig ist die Herstellung eines europäischen „smart grids“, der der Umstellung auf erneuerbaren Energien gerecht wird. Werden derzeit bloß 44 % des Stroms kohlenstoffarm erzeugt, sollen es 2020 bereits zwei Drittel sein – mit dem Schwerpunkt auf Erneuerbaren.

Was nun die Nuklearenergie betrifft, so möchte die Kommission angesichts des verstärkten Interesse an dieser Energieform Europas führende Rolle bei der Sicherheit der Erzeugung sowie des Transports und der Lagerung des atomaren Abfalls beibehalten. Dass wir uns in Österreich eine grundsätzlich andere Einstellung zur Nuklearenergie wünschen, ist klar. Aber dagegen gibt es massiven Widerstand.

Selbstverständlich spricht die Kommission auch die Notwendigkeit intensiver Forschung und Entwicklung an, zum Beispiel hinsichtlich der Energiespeicherung und der Elektromobilität.

Diese Vorschläge der EU-Kommission im Speziellen und die Notwendigkeit der energiepolitischen Weichenstellungen im Allgemeinen sind für mich ein Grund, dass ich mich nicht nur selbst damit wieder einmal intensiver beschäftige, sondern zu diesem Thema auch eine Diskussion in Österreich anregen möchte. Denn eine effiziente EU-Strategie kann nicht ohne nationale Beteiligung erfolgen. Und das bedeutet natürlich auch eine Beteiligung der BürgerInnen und nicht nur einiger PolitikerInnen. In den nächsten Wochen werde ich daher nicht nur selbst immer wieder kurze Beiträge zu diesem Thema verfassen, sondern stelle auch meine Website für Beiträge Dritter zur Verfügung. Für Ende Jänner plane ich dann eine öffentliche Diskussion, wozu ich jetzt schon herzlich einlade. Einige Fragestellungen habe ich bereits mit meinem Praktikanten in Brüssel erarbeitet, und ich bin auf Antworten und Kommentare gespannt.