Gerechtigkeit bei der Lastverteilung einfordern

Hannes SwobodaDie Ungewissheit über die wirtschaftliche Entwicklung und darüber, was zu tun ist, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen, hält an. Jaques Delors meinte kürzlich: „Nach der Feuerwehr erwartet Europa nun die Architekten“. Aber ungewiss ist, wer die Architekten sind und welches Europa bzw. welche Wirtschaftsregierung sie für Europa entwerfen sollen. Sicher brauchen wir eine Wachstumsstrategie. Das „fordern“ sogar die Spekulanten, die zuerst die Sparsamkeit einforderten und dann beklagten, dass die Sparprogramme das Wirtschaftswachstum abwürgen.
Und sicher brauchen wir eine Korrektur der Einkommensverteilung. Der Bericht „Global Wealth 2010“ stellt fest, dass der Anteil am Vermögen derjenigen, die über mehr als eine Million Dollar verfügen, von 36 auf 38 Prozent gestiegen ist. Und in Deutschland haben sich sogar einige Reiche gemeldet, denen das Sparpaket der Regierung zu unsozial ausgefallen ist.

Die konservative FAZ meinte in einem Leitartikel: „Neben den Unternehmern, den Transferempfängern und den Staatsdienern müssten auch die in den vergangenen Jahren exorbitant gewachsenen großen Vermögen herangezogen werden. (…) Gestrichen gehört nach wie vor eine unsinnig hohe Zahl an Vergünstigungen und Abschreibungsmöglichkeiten, die hohe Vermögen praktisch der Besteuerung entziehen.“
Daher sind die Sparprogramme erstens moderat zu halten, um das Wachstum nicht abzuwürgen und zweitens ist durch Streichung von Begünstigungen und durch entsprechende Steuern auch das soziale Gleichgewicht zu halten. All das ändert allerdings nicht die globalen Verschiebungen zugunsten der rasch wachsenden Schwellenländer wie China, Indien etc. Laut OECD ist damit zu rechnen, dass der Anteil der industrialisierten Mitgliedsländer dieser „Organisation der Reichen“ von 60% im Jahre 2000 auf 43% im Jahre 2030 sinken wird. Der Wettbewerbsfähigkeit Europas zu halten wird nicht leicht sein. Das erfordert hohe Leistungsanstrengungen unserer Bevölkerung. Um so mehr ist Gerechtigkeit bei der Lastverteilung einzufordern. Das ist die Aufgabe der europäischen Sozialdemokratie.