Griechenland braucht Hilfe

In deutschen konservativen, aber durchaus seriösen Medien findet man Sprüche wie folgende: “ Solange die Griechen im Euro bleiben, werden sie als Unruheherd die Währungsunion hemmen. Es wird Zeit, sie die Konsequenzen ihres Handelns spüren zu lassen“. Und an anderer Stelle desselben Beitrags in der Zeitung „Die Welt“ werden so einfach als “ Schuldenbrüder“ bezeichnet.

Die FAZ wiederum meint in einem Leitartikel: „Das Leben auf Pump geht weiter: Der Süden drückt einfach das Geld, das er für Rechnungen braucht.“ Ja Griechenland hat „seine“ Planziele verfehlt. Aber es waren völlig unrealistische und von außen aufgezwungene Planziele.

Anstatt sich an einer längerfristigen und realistischen Strategie zu orientieren, hat die europäische Politik sich und den BürgerInnen etwas vorgemacht und kurzfristige Versprechungen gemacht und von Griechenland abverlangt die nie einzuhalten waren. Und dabei hat eine neoliberale Marktideologie Pate gestanden. Aber auch ein Schuss „nordischer“ Überheblichkeit mit vielen Vorurteilen gemischt, hat ebenfalls zu dieser unrealistischen und ineffizienten Politik beigetragen.

Was geht aber nun tatsächlich vor sich. Wie vor allem war und ist die Lage in Griechenland? Ja in diesem Land ist das Defizit aus dem Ruder gelaufen. 1999 schien die Welt noch in Ordnung, es gab ein Defizit von 3,1%. Dann aber erhöhte sich das Defizit, um auf 15,8 % im Jahre 2009 zu steigen. Seitdem geht es wieder bergab, bleibt aber noch immer auf unbefriedigender Höhe. Vor allem die Ausgaben schnellten in die Höhe, vor allem für die wachsende Zahl öffentlicher Bediensteter, aber auch für die Pensionen und für Pharmazeutika im Rahmen der Sozialversicherung.

Und trotz wachsender Sozialausgaben geht die Zahl der Armen nicht zurück. Auf der anderen Seite gingen die Steuereinnahmen zurück und die Schattenwirtschaft hoch. Und Griechenland verlor auch an Konkurrenzfähigkeit, vor allem durch Marktrestriktionen und Wettbewerbshindernisse. Insgesamt hat Griechenland zu viel konsumiert und zu wenig exportiert. Und dadurch  kam auch ein hohes Zahlungsbilanzdefizit zustande.

Die katastrophalen Ergebnisse der wirtschaftlichen Entwicklung Griechenlands sind nicht zu übersehen. Aber das hätte vielen auffallen müssen, nicht nur den Verantwortlichen in Griechenland selbst. Und einiges hat sich auch schon verbessert. Vor allem sind die Lohnstückkosten in den letzten beiden Jahren gesunken und damit hat sich die Wettbewerbsfähigkeit verbessert. Und Verbesserungen in der  Steuereinhebung wurden durch die tiefgreifende Rezession zum Teil wieder wettgemacht. Und ohne Wachstum und zu zumindest auf mittlerer Sicht neue Arbeitsplätze, werden das auch in Zukunft so sein.

Es braucht daher Zeit, strukturelle Reformen und die Entwicklung von Sektoren die auch zu Exporten fähig sind voranzutreiben. Dabei geht es nicht nur um den Tourismus. Der Schifffahrtssektor, die Veredelung von Agrar- und Fischereiprodukten aber auch die Generikaerzeugung in der Pharmaindustrie können als positive Beispiele herhalten. Und natürlich auch die Erzeugung von erneuerbarer Energie ist eine potentielle Wachstumsbranche. Wichtig sind allerdings wettbewerbsfördernde  Maßnahmen, vor allem die Aufhebung von Zugangsbeschränkungen und Reformen des staatlichen Sektors. Und es braucht auch öffentlicher aber vor allem
privater Investitionen. Das sind die Reformen die Erfolg versprechen aber nicht weitere Lohnsenkungen und extreme Sozialkürzungen, die nur die Kaufkraft schwächen und soziale Notstände schaffen.

Sicher sind die schon beschlossenen strukturellen Reformen nicht ausreichend. Und vor allem die Militärausgaben sollten noch weiter gesenkt werden. Noch vieles bleibt zu tun und hier ist auch europäischer Druck notwendig. Aber es bedarf Hilfe und Investitionen und nicht Drohungen und weitere neoliberale Rezepte die die Senkung des Defizits gefährden, weil sie eine Rezession herbeiführen. Solche Maßnahmen sind nicht nur ideologisch zweifelhaft, sondern auch wirtschaftliche kontraproduktiv. Und eine weitere Absenkung der Löhne führt zur Abwanderung der jungen, besser ausgebildeten Kräfte, die Griechenland heute so dringend braucht.

Aber in den Köpfen der von Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und der EU-Kommission entsandten Experten kommen fast nur neoliberale Vorschläge vor. Wie Heuschrecken fallen sie in Griechenland und andere Länder ein und verwüsten dort die richtigen Ansätze für den Weg aus der Krise. Nach den Heuschrecken der Finanzmärkte und Ratingagenturen kommen nun solche der Finanzexpertokratie und versuchen die Länder nach den Wünschen der Finanzmärkte umzumodeln. Damit unterwandern sowohl die Finanzmärkte als auch die Finanzexpertokratie die Demokratie. Und dagegen müssen sich die Europäer mit aller Kraft wehren.

Thomas Fricke, der Chefökonom der Financial Times Deutschland schrieb unlängst zu diesem Thema unter dem Titel “ Ein Schröder für die Griechen“ : „Dass es in Griechenland noch eine Menge zu reformen und zu entmachten gibt, ist kein Grund, das Land mit katastrophalem Krisenmanagement vollends in den Ruin zu stoßen. Das hilft weder den Griechen, noch erhöht es die Chancen auf Entlastung der deutschen Steuerzahler. “ Und das gilt auch für alle anderen europäischen Steuerzahler.