In Athen und Piräus

Ich habe nicht genau gezählt, wie oft ich seit Ausbruch der Krise  in Griechenland war. Es war oftmals, dass ich dieses schöne Land mit seinen freundlichen Leuten besucht habe. Diesmal gab es zwei Anlässe, welche mich nach Griechenland brachten. Einerseits war es eine Einladung der früheren EU- Kommissarin Anna Diamantopoulou nach Athen, welche einen Think-Tank leitet, andererseits ging es zu einer Veranstaltung unsrer Diskussionsreihe „Neustart für Europa“ in Saloniki.

Meinen Aufenthalt in Athen nutzen viele linke PolitikerInnen, um mich in die Debatte über die Neuformation der Linken in Griechenland zu involvieren. Die traditionelle sozialdemokratische Partei PASOK ist das politische Hauptopfer des Zorns der Bevölkerung gegen Politiker, welche für die Krise verantwortlich gemacht werden. Daneben gibt es noch eine kleinere sozialdemokratische Partei, DIMAR, die jetzt in Opposition ist, aber von Fall zu Fall die Regierung, an der die PASOK als Minderheitspartner beteiligt ist, unterstützt. Links außen befindet sich die Partei SYRIZA, die mit ihrem populären/populistischen Vorsitzenden Tsipras stark zugelegt hat.

Inzwischen hat sich eine Gruppe von 58 Persönlichkeiten gebildet, die sich für eine Erneuerung der sozialdemokratischen Bewegung engagiert. Bei den kommenden Wahlen zum EU-Parlament versucht diese Gruppe eine eigene Liste aufzustellen und zwar wahrscheinlich gemeinsam mit der PASOK. Vorausgesetzt diese versucht diese neue Bewegung und die Listenerstellung nicht allzu sehr vereinnahmen. Jedenfalls ist die linke Mitte, zum Unterscheid zur rechten Mitte, sehr zerstritten und wird im kommenden EU Parlament nur schwach vertreten sein.

Ob sich aus allen linken Gruppierungen zusammen eine neue Sozialdemokratie in Griechenland herausbildet, kann heute noch nicht gesagt werden – notwendig wäre es. Denn viele der von der Troika – Vertreter der EU, der EZB und des IMF – geforderten Reformen unterminieren die Prinzipien des europäischen sozialstaatlichen Modells und es bedarf einer zwar reformfreudigen aber auch klar sozial geprägten Bewegung um die Grundsätze des Wohlfahrtsstaates mit seiner gemischten Wirtschaft zu verteidigen.

Mein Besuch im Hafen von Piräus und die dortigen Gespräche mit der Unternehmungsführung und den Gewerkschaftsvertretern führte mir die Gefahren der willkürlichen bzw. neo- liberalen Forderungen der Troika vor Augen. So wird eine Totalprivatisierung des Hafens verlangt, ohne dass dies finanziell notwendig wäre. Der Hafen erhält keine öffentlichen Subventionen, ein Teil der Aktien werden an der Börse gehandelt und Teile des Hafens werden in Lizenz an private Firmen vergeben.

Eine dieser privaten Firmen ist Cosco, ein chinesisches Unternehmen. Und an diesem Beispiel zeigt sich bereits die Problematik von Privatisierungen ohne exakte Bedingungen und den Willen der Behörden die Gesetze anzuwenden. Denn Cosco weigert sich, Gewerkschaften zuzulassen und Arbeitsinspektoren  in den Betrieb zu lassen. Jedenfalls, so wie in anderen Fällen sind manche chinesische Unternehmen nicht fähig oder nicht bereit sich den europäischen Gesetzen und Regeln zu unterwerfen. So hat auch der Hafen vorgeschlagen, weitere Privatisierungen durchzuführen, aber die Mehrheit sollte beim öffentlichen Eigentümer bleiben.

Ich habe aber bei meinem Aufenthalt in Athen nicht nur diesen großen öffentlichen Unternehmer besucht, sondern auch Gespräche mit einigen privaten Unternehmern geführt. Diese aus dem Pharmasektor und der digitalen Ökonomie stammenden, eher jungen Unternehmer sind Beispiele einer trotz Wirtschaftskrise erfolgreichen Unternehmerschaft. Griechenland hat viele davon und sie sind vor allem auch im Export tätig. Ihr Problem ist jedoch die Finanzierung. Sie werden noch immer von den Banken kurz gehalten. Hinzu kommt, dass sie sich eine schlankere, vor allem aber qualitativ besser Verwaltung wünschen, die sie, auch bei ihren Bestrebungen neue Märkte  zu erschließen, unterstützt.

Meine Gespräche mit erfolgreichen Unternehmern bei diesem und auch bei meinem letzten Besuch im Dezember belegen klar: Griechenland hat erfolgreiche Unternehmer und damit auch eine Basis für Wachstum und Beschäftigung. Sie brauchen aber mehr Nachfrage zu Hause und mehr Unterstützung, um neue Märkte im Ausland zu erschließen.