In Moskau

P1010075Das Europäische Parlament sandte diese Woche eine kleine Delegation nach Russland. Dabei ging es vor allem um die Beobachtung der Vorbereitungen für die Wahlen in die Duma und in die Regionalversammlungen, die am 4. Dezember stattfinden werden. Zusätzlich habe ich als Berichterstatter des EU-Parlaments für Russland versucht, möglichst viele Gespräche über die Gesamtsituation mit Russland zu führen.
Alle simplen Urteile über Russland, die ja oft im „Westen“ zu finden sind, werden der komplizierten Lage in Russland nicht gerecht. Was die Wahlvorbereitungen betrifft, so habe ich den Eindruck, dass man staatlicherseits versucht, technisch und organisatorisch möglichst optimale Wahlen zustandezubringen. Aber das kann vielfache politische Mängel nicht zudecken. Einerseits gab es schwer nachvollziehbare Verweigerungen der Registrierung bestimmter Parteien und vielfach wird den regionalen Gouverneuren von “ oben“ vorgegeben, wie viele Stimmen die Partei Putins und Medwedews, also die Partei „Vereinigtes Russland“, erzielen soll. Und die Partei verspricht für ein entsprechendes Stimmverhalten viele öffentliche Investitionen und Förderungen.Aber natürlich ist der direkte Wahlschwindel begrenzt und nicht immer leicht zu organisieren.
Von den verschiedenen Formen der Wahlbeeinflussung darf man nun nicht schließen, Russland sei eine Diktatur und im System der Sowjetunion stecken geblieben. Nein, im Unterschied zur Sowjetunion gibt es heute viele Freiheiten, die die Menschen damals schmerzlich vermissten. Heute kann über alles berichtet werden, wenngleich vor allem das Fernsehen politisch stark beeinflusst ist. Die Menschen können jederzeit ins Ausland reisen, obwohl das gerade auch eines der Probleme Russlands ist. Denn allzuviele junge, gut ausgebildete Menschen wollen tatsächlich das Land verlassen. Und angesichts der ohnedies geringen Geburtenrate ist das für die wirtschaftliche Dynamik des Landes ein großes Problem.
Russland bleibt allerdings trotz großer Probleme ein wichtiger Partner Europas. Es ist nicht jene Demokratie, die wir uns vorstellen. Und nach wie vor ist die Abhängigkeit von den Energieexporten zu hoch. Und die Bestrebungen, die Nachbarn und ehemaligen Teilrepubliken der Sowjetunion stärker an ein großes Russland zu binden, macht diesen oftmals Sorgen.
Zu all diesen Fragen wird in den nächsten Tage auf meiner Website ein ausführlicher Bericht erscheinen.