In Tunis

7028951337_b92a50f1a7_oAls zweites arabisches Land im Umbruch besuchte ich Ende März Tunesien. Von hier ging ja eigentlich die Welle des „Arabischen Frühlings“ aus. Daher veranstaltete die S&D-Fraktion und die Europäische Sozialistische Partei Ende des Monats einen Kongress unter dem Titel „A Progressive Agenda for a New Arab World“. Unser Partner in Tunesien war dabei eine Partei, deren Vorsitzender gleichzeitig Parlamentspräsident ist: Mustapha Ben Jaafar.

Gemeinsam mit ihm und dem provisorischen Vorsitzenden der Europäischen Sozialisten eröffnete ich den Kongress. Ich machte klar, dass der „Norden“ und der „Süden“ des Mittelmeers in einer Schicksalsgemeinschaft leben. Wir brauchen einen arabischen Raum der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Stabilität. Gerade die jüngsten furchtbaren Attentate in Frankreich haben unsere Verwundbarkeit gezeigt. Was wir brauchen, ist eine klare positive Botschaft aus der arabischen Welt: die Religion des Islams ist eine Religion des Friedens und der Verständigung und nicht des Hasses und des Mordens.

Das war auch meine Botschaft im Gespräch mit Ministerpräsident Hamadi Jebali. Auch er war ja wie Parlamentspräsident Ben Jaafar vom alten Regime verfolgt und im Exil. Er ist Sprecher einer „islamistischen Partei“, aber er gilt als gemäßigt. Und er verkündet auch am Tag vor unserer Ankunft in Tunis, dass seine Partei auf die Verankerung der Scharia in der Verfassung verzichte. Eine solche Verankerung wäre missverständlich und würde nur potentielle Investoren abschrecken. Auch bei Hamadi Jebali hatte ich denselben Eindruck wie bei seinem marokkanischen Kollegen, den ich vor wenigen Wochen besuchte. Beide sind jovial, vertreten einen moderaten Islam und sind offen für eine gute und enge Zusammenarbeit mit Europa. Sie wissen beide, wie wichtig eine positive wirtschaftliche Entwicklung für den Erfolg ihrer Regierungen ist. Und dazu brauchen sie auch europäische Investitionen.

Den kurzen Aufenthalt in Tunis benützte ich auch für einige weitere Gespräche. Unter anderem sprach ich mit Nabil Shaath, einem langjährigen palästinensischen Minister über den Nahen Osten und sagte auch zu, weiterhin palästinensische Praktikantinnen in unsere Fraktion aufzunehmen. Anderseits wollten auch andere „Oppositionsbewegungen“ wie jene aus Bahrain unsere Unterstützung und Zusammenarbeit. Nicht allen können wir helfen. Aber sicher ist eine gute Zusammenarbeit und Unterstützung demokratischer Kräfte auch in unserem Interesse. Denn wie schon anfangs gesagt: die Länder rund ums Mittelmeer leben in einer Schicksalsgemeinschaft.