Kassel und Königgrätz

Nach der Straßburg Sitzung und vor meiner Reise zum  Programmparteitag der tschechischen Sozialdemokraten in Königgrätz (!) legte ich einen „Kunsturlaubstag“ ein und besichtigte die Documenta in Kassel. Es ist das zweite Mal, dass ich diese außerordentliche Ausstellung besuchte. In den Medien wurde sie diesmal hoch gelobt und in der Tat handelt es sich dabei um eine faszinierende Schau der Kunst in der heutigen Zeit. Sie ist auch in vielen Fällen eine politische Ausstellung ohne dass die Kunst darunter leidet. Denn Kunst muss nicht politisch sein, sie kann es aber sein. Aber dabei sollte sie nie in Propaganda ausarten und den Bereich der Kunst verlassen.

Politisch ist die Documenta in mehrfacher Hinsicht. Einerseits indem sie immer wieder das Thema Krieg und Frieden aufgriff, anderseits in dem die Abfall- und Wegwerfgesellschaft in mehreren Fällen thematisiert wurde. In allen Fällen regt sie zu intensivem Nachdenken über unsere heutige Welt an. Und das ist gut so.

Denn Kunst ist immer auch ein Raum der Freiheit und darf auf diesen Anspruch nicht verzichten. Christoph Menke von der Goethe-Universität in Frankfurt meinte in einem Kommentar zur Documenta in diesem Zusammenhang: „Die Kunst ist das Gegenexperiment zu den Schicksalsexperimenten, die wir gesellschaftlich bei Strafe des Scheiterns vollziehen müssen. Dazu brauchen wir die Kunst: um die Möglichkeit der Freiheit jenseits der Spielräume gesellschaftlicher Anpassung und ihrer biologischen Ideologie zu erfahren.“

Darum vertragen auch autoritäre Systeme nicht wirklich die Freiheit der Kunst. Denn diese verweist auch auf andere Freiheiten und Möglichkeiten. Da haben die Diktatoren und autoritären Politiker ein gutes Gespür. Sie wissen um die Gefahren der Freiheit der  Kunst für ihre Herrschaft!

Nach Kassel ging es also nach Königgrätz zu einem Parteitag an dem neben dem tschechischen Vorsitzenden Sobotka auch der slowakische Parteivorsitzende und Premierminister Fico und der ungarische Parteivorsitzende Mesterhazy teilnahmen. Es war ein kleines mitteleuropäisches Treffen der Sozialdemokratie, das da stattfand. In meiner kurzen Rede  bezog ich mich aber auch auf das an diesem Ort stattgefundene historische Ereignis im Jahre 1866. Hier fügte nämlich Preußen den Österreichern eine vernichtende Niederlage zu. Preussen hatte das „fortschrittlichere“ politische System mit klaren politischen Vorstellungen und auch die moderneren Waffen. Heute geht es glücklicherweise nicht mehr um Kriege sondern um den friedlichen wirtschaftlichen Wettbewerb, jedenfalls in Europa. Aber im Prinzip gilt das Gleiche. Man muss gut vorbereitet sein, sowohl was die gesellschaftlichen Verhältnisse, aber auch den technologischen Fortschritt betrifft. Das sollten wir uns merken.