Rassistische Betrachtung der Zuwanderung

prag1_neuThilo Sarazin, Leitungsmitglied der Deutschen Bundesbank und ehemaliger Finanzsenator von Berlin, hat seine kontroversiellen Ansichten nun auch in Buchform publiziert – unter dem Titel „Deutschland schafft sich ab“. Schuld sind die MigrantInnen, vor allem die muslimischen. Sie sind genetisch bedingt dümmer als die „Deutschen“, und so tragen sie zur Verdummung Deutschlands bei. Christian Geyer meint dazu in einem Kommentar in der FAZ abschließend: „Für diesen Untergang sollen mit den Muslimen nun sechs Prozent der Bevölkerung die Verantwortung übernehmen. Es fragt sich, was die anderen 94 Prozent in den letzten Jahrzehnten für die Zukunft ihres Landes gemacht haben. Sarrazins Buch ist ein Entlastungsversuch einer desorientierten Elite. Kein Zweifel, dass es ein Erfolg wird.“

Ja, angesichts der gängigen Stimmung ist zu befürchten, dass es ein Erfolg wird. Herr Sarrazin bedient viele Vorurteile, und viele Menschen wollen ihre Vorurteile bestätigt sehen. Ich gehe davon aus, dass auch Herr Strache Sarrazins Buch genüsslich zitieren wird. Diese aus meiner Sicht rassistische Betrachtung der Zuwanderung ist besonders gefährlich, weil sie auch einer intensiveren Integrationspolitik entgegenarbeitet. Denn wenn die muslimischen Zuwanderer genetisch bedingt dümmer sind, dann rechtfertigt das Abschiebungen und jedenfalls die Verhinderung jeglicher Zuwanderung incl. Familienzusammenführung dieser dümmeren Menschen.

Dabei gibt es sicher etliche spezielle Faktoren der mangelnden Integration zu diskutieren. So kann man die Frage stellen, inwieweit eine Unterwerfung unter die Religion in ihrer fundamentalistischen Ausprägung die Integration und den Aufstieg in der Gesellschaft verhindert. Aber das betrifft erstens auch andere Religionen und zweitens gibt es viele MuslimInnen, díe keiner fundamentalistischen Interpretation anhängen. Auch bestimmte Familien- und Erziehungstraditionen sind der Integration nicht förderlich. So zum Beispiel, wenn Mädchen anders und vor allem unfreier erzogen und ins Leben geführt werden.  Aber auch das ist nicht spezifische muslimisch sondern eher aus einer traditionellen Gesellschaft heraus erklärbar. Aber dabei handelt es sich um gesellschaftliche Phänomene, über die man diskutieren kann und wo eine aktive Integrationspolitik ansetzen kann. Dabei will ich die Probleme nicht leugnen. Aber entscheidend sind der Dialog und das Hinführen zu auch von uns erst durch viele Auseinandersetzungen erworbene Werte, wie Gleichberechtigung und Emanzipation.

Sarrazin, Wilders und Strache aber wollen nicht Integration, sondern arbeiten an der Spaltung der Gesellschaft. Sie wollen ihre Ideologie bzw. ihr Buch verkaufen. Der Sozialdemokratie müsste besonders daran gelegen sein, einem Islam zum Durchbruch zu verhelfen, der so wie andere Religionen – wenngleich nicht immer mit Begeisterung –  in der Zwischenzeit den gesellschaftlichen Fortschritt akzeptieren.