S&D factfinding Mission: Roma in Frankreich

L1040070Unsere factfinding Mission bezüglich der Roma führte uns diesmal in zwei Städte unmittelbar nördlich von Paris: Aubervilliers und St. Denis. In beiden Städten gibt es eine Anzahl von Roma aus Rumänien. In einem der Übergangsquartiere, die in Container untergebracht waren, waren kaum Roma aufzufinden, sie waren alle bei der Arbeit bzw. In der Schule. Im anderen Quartier konnten wir mit vielen Roma reden. Sie waren schon über zehn Jahre in Frankreich,konnten einigermaßen Französisch und so konnten wir uns mit ihnen über ihre Lage unterhalten. Ihre Lebens- und vor allem ihre Wohnbedingungen waren keineswegs akzeptabel. Trotzdem haben sie es vorgezogen hier in Frankreich und nicht in ihrer alten Heimat Rumänien zu leben.

Natürlich fragte ich sie warum sie nicht in ihre ursprüngliche Heimat zurückkehren wollten. Sie meinten, dass sie sich das nicht leisten könnten. Sowohl die Ausbildung ihrer Kinder,als auch die medizinische Versorgung sei in Frankreich günstiger als in Rumänien und Arbeit gebe es dort auch weniger. Und das obwohl sie nicht die französische Staatsbürgerschaft haben und in Frankreich halb illegal leben. Und das ist natürlich grotesk. Wenn jemand in Europa es mit durchaus schlechten und nach unseren Maßstäben unwürdigen Wohnbedingungen es besser hat als in seinem Heimatland. Zumindest ist dies die Meinung dieser Leute: erst durch die Auswanderung ist es ihnen gelungen eine soziale Minimalversorgung zu erreichen, ein Versorgungsstand, der allerdings in Österreich als nicht akzeptabel angesehen werden würde.

Obwohl sich hier in Frankreich dankenswerterweise viele Nichtregierungsorganisationen und freiwillige HelferInnen um die Roma kümmern ist deren Los noch immer für Europa ein Skandal. Vor allem die Angst vor der Auflösung der Lager bzw. vor der Ausweisung macht es ihnen nicht leicht das Leben hier zu „geniessen“. Städte wie Aubervilliers und St. Denis und deren Bürgermeister sind sehr positiv eingestellt und helfen wo sie können. Aber sie stoßen oft auf ein Unverständnis bzw. eine offene Ablehnung durch die Vertreter der Regierung. Das ist überhaupt das Problem: oft wird das Geld aus den zuständigen europäischen Töpfen nicht ausgeschöpft, weil die nationalen Regierungen Initiativen von privater Seite oder von Städten und Gemeinden nicht akzeptieren und unterstützen.

Am Vorabend unseres Besuches in den beiden „Vorstädten“ von Paris hatten wir eine interessante Diskussion mit Romavertretern. Wobei sie Wert darauf legten, dass sowohl ihre Gemeinsamkeiten als auch ihre Unterschiede anerkannt werden. Sie vertraten nämlich die Roma, die fahrenden Sinti und die „Zigeuner“, die vor allem aus Spanien nach Frankreich kamen. Alle betonten ihre Identität bewahren zu wollen, aber gleichzeitig wollten sie in die „Mainstream“ Gesellschaft integriert werden. Und das ist natürlich bei gut ausgebildeten und redegewandten Roma leicht, aber sicher bei denen, die wir am nächsten Tag in einer der Soedlungen getroffen haben schon schwieriger. Es ist gut, dass sich die Roma heute besser organisieren und gut miteinander absprechen. So können sie die Sache der Roma besser vertreten. Aber es ist noch ein langer Weg zu gehen, um die Vielfältigkeit und die Wahrung der Identität der Roma als einen Wert anzusehen und nicht als einen Hindernisgrund für die Wahrung gesellschaftlicher Chancen.