Sind wir am Weg zur Eurokratur?

Hannes SwobodaEs ist eine zugleich spannende und wichtige Frage, wer heute in Europa eigentlich regiert. Dabei ist die Frage nach der Eurokratur eigentlich zu eng gestellt. Denn es sind mehrere politisch wirksame Mächte die unser Leben heute wesentlich beeinflussen. Jedenfalls mehrere nicht unmittelbar demokratisch gewählte und auserwählte Mächte.

Zuallererst sind es heute die „Märkte“. Dabei handelt es sich um ein diffuses Konglomerat von MarktteilnehmerInnen die oft irrational und heutzutage vor allem in extremer Geschwindigkeit auf vermeintliche Entwicklungen reagieren bzw. sie im Sinne von self fullfilling Prophecies erst erzeugen. Die vergangenen Deregulierungen haben die Marktkräfte und deren erratische Sprünge erst verstärkt. Und die Computerisierung der Märkte hat die Geschwindigkeit und damit die Möglichkeit von Fehlhandlungen noch verstärkt.

Die Deregulierung durch die Politik, meist basierend auf einer neo-liberalen Ideologie hat wesentlich dazu beigetragen, dass sich die Politik selbst entmachtete und den SpielerInnen auf den Finanzmärkten dafür entscheidende Macht eingeräumt. Zum Teil sind diese SpielerInnen „süchtige“ TechnokratInnen aber sicher keine EurokratInnen. Aber die Eurokraten -unterstützt von neoliberalen PolitikerInnen- versuchen aus der Deregulierung und dem Machtverzicht der Politik einen Machtzuwachs zuziehen. Das gilt sowohl auf nationaler Ebene, als auch auf europäischer Ebene.

Für die nationale Ebene sind Griechenland und Italien ein Beispiel. Für die europäische Ebene steht der Versuch der europäischen Kommission mehr Macht zu bekommen. Das betrifft vor allem Maßnahmen gegenüber der nationalen Budgetpolitik. Man kann zwar argumentieren, dass es ohnedies die Märkte sind, die die Grenzen der nationalen Budgetpolitik definieren und nicht mehr die Politik. Aber da diese Angelegenheiten nicht Gegenstand und Kompetenz des EU-Parlaments darstellen und die nationalen Parlamente sich allein „gegen Brüssel wehren“ müssten kann aus der Kombination der Märkte und der Bürokratie eine echte Entpolitisierung entstehen. Dann fragt man sich, warum die WählerInnen noch wählen gehen, worüber sie entscheiden können. Und ob sie dann nicht mit Recht den Spaßfaktor und die entsprechenden KandidatInnen wählen wie zuletzt in einigen Fällen.