Treffen mit KollegInnen aus dem US-Kongress

usa2Nach den letzten Wahlen in den USA haben sich die Mehrheiten im US Kongress verändert. Daher war es besonders interessant, den neuen KollegInnen im Rahmen unseres diesjährigen Treffens zwischen dem EU-Parlament und dem US-Kongress zu begegnen.

Der Hauptteil unseres Treffens fand in Ungarn statt. Zu Beginn des Aufenthalts nahmen wir allerdings an einer Veranstaltung im ungarischen Parlament zu Ehren des Anfang 2008 verstorbenen ungarischstämmigen Kongressabgeordneten Tom Lantos teil. Ich habe Tom Lantos einige Monate vor seinem Tod getroffen. Er war Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses und ich traf ihn im Rahmen einer von ihm geleiteten Anhörung über Russland. Er war mit all seinen negativen Erfahrungen mit Faschismus und Kommunismus ein entschiedener Kämpfer für Freiheit und Menschenrechte. In all den Reden wurde dieser Kampf wortstark unterstützt, auch von ungarischen Vertretern, die das im eigenen Land nicht wirklich verfolgen. Und das ganze nationalistische Brimborium mit Männern in alten Uniformen und den vielen verstaubten Fahnen zeigt eher Blicke zurück als in die Zukunft.

Im Rahmen der Festveranstaltung sprach auch Hillary Clinton. Sie ist als Person und als Rednerin sehr beeindruckend, und auch der Inhalt ihrer Ansprache war klar und eindeutig. Nicht zufällig forderte sie Aufmerksamkeit und Wachsamkeit (vigilance and watchfulness) in allen Ländern gegenüber Verformungen der und Gefahren für die Demokratie. Für mich war das eine diplomatische und klare Botschaft an die ungarische Regierung. Aber ob Orban und seine KollegInnen das verstanden haben?

Um Freiheit und Menschenrechte ging es dann auch in den nachfolgenden Diskussionen in unserem Gemischten Ausschuss. Dabei war ich entsetzt, wie sich die meisten US-Abgeordneten kritisch und ängstlich gegenüber den Entwicklungen in den arabischen Ländern geäußert haben. Als ob vor dem „arabischen Frühling “ alles gut gelaufen wäre und wir dort blühende Demokratien gehabt hätten. Wahrscheinlich ist ihre Einstellung von einer sehr kurzsichtigen und statischen Solidarität mit Israel geprägt. Hoffentlich können wir wenigstens diese US Haltung ein wenig ändern.

In der zweiten Diskussionsrunde ging es dann um Sicherheitsfragen und speziell um die sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa. Wie üblich kritisierten die Kongressmitglieder die mangelnden Militärausgaben in Europa. Sie stützten sich nicht zuletzt auf die europäische  „Abschiedsrede“ des amerikanischen Verteidigungsministers. Noch immer wird in den USA internationales Engagement mit Militärausgaben gleichgesetzt. Sicher ist, dass die europäischen Militärausgaben nicht sehr effizient eingesetzt werden. Die Aufteilung in viele nationale Militärausgaben ist zweifellos nicht sehr rational. Aber entscheidend ist, dass das internationale Engagement Europas viel mehr auf der zivilen Seite liegt. Ob in Afghanistan und Pakistan oder jetzt in Nordafrika und im Nahen Osten – Europa muß – sicher im eigenen Interesse – den Gesellschaften helfen, ihre Wirtschaft und Gesellschaft aufzubauen. Das ist nicht nur eine Frage des Geldes, aber es kostet auch Geld unser SteuerzahlerInnen.

Das Gleiche gilt auch für unsere süd-östliche Nachbarschaft. Ich trete für eine stufenweise und auf Grund der Leistungen gerechtfertigte Erweiterung der EU in diese Region ein. Aber sowohl die Vorbereitung auf den Beitritt neuer Mitglieder als auch die Unterstützung nach dem Beitritt kostet Geld. Es ist also nicht möglich und nicht sinnvoll, dass wir die militärischen Ausgaben erhöhen, denn das würde realistischerweise auf Kosten der verschiedenen zivilen Entwicklungsaufgaben gehen. Und das wäre dann sicher nicht der europäische Weg. Da würden wir uns in eigene Fleisch schneiden.

Ich muß aber auch erwähnen, dass es einige amerikanische KollegInnen gab, die klar bekannten, dass all die Kriege der letzten Zeit, insbesondere Afghanistan und Irak, kostenintensive Fehlentscheidungen waren. Und die stellvertretende Vorsitzende auf amerikanischer Seite, Loretta Sanchez, erwähnte, dass sogar nach dem Abzug der amerikanischen Truppen aus dem Irak in der U- Botschaft 17.000 (!) Leute arbeiten würden. Das Einzige, was wir in diesen Kriegen gelernt haben, meinte sie, waren und sind die großen Mängel der Zusammenarbeit und der „Interoperabilität“, also der technischen und  organisatorischen Kompatibilität der verschiedenen Armeen.