Zypern vor der EU-Präsidentschaft

Hannes-lächelndDer kleine und noch dazu geteilte Inselstaat Zypern wird ab 1. Juli die rotierende Präsidentschaft der EU übernehmen. Das war Anlass für einen kurzen Aufenthalt der „Konferenz der Präsidenten “ also des Parlamentspräsidenten mit den Fraktionsvorsitzenden in Nikosia. Dabei trafen wir einerseits Präsident Christofias und seine Regierung und anderseits Parlamentspräsident Omirou und die Fraktionsvorsitzenden im zypriotischen Parlament. Christofias ist Kommunist und  damit eine Ausnahmeerscheinung unter den europäischen Staats- und Regierungschefs. Dabei ist die Kommunistische Partei Zyperns eine der reichsten Parteien im europäischen Parteienspektrum.

Was die Zypernfrage betrifft so war Christofias kompromissbereit allerdings durch Widerstand bei seinen griechischen KollegInnen und durch eine harte Linie seitens der türkischen Zyprioten enttäuscht und so hat er auch angekündigt nicht mehr kandidieren zu wollen.  Omirou ist Sozialdemokrat, seine Partei ist allerdings was die Zypernfrage betrifft sehr wenig kompromissbereit und verließ die Koalition mit Christofias. Einige von uns – mit Ausnahme der EVP und der Linken – besuchten auch den türkisch – zypriotischen Norden. Einerseits besuchten wir den „Präsidenten“ von Nordzypern Eroglu und anderseits Vertreter der  Zivilgesellschaft incl. der Wirtschaft und der Gewerkschaft.

Eroglu verwies immer wieder darauf, dass der Norden den Annan- Plan zur Wiedervereinigung der Insel akzeptiert habe und der Süden ihn abgelehnt hat. Das ist zwar richtig und das war auch ein schwerer Fehler, aber dennoch muss man jetzt nach einem Kompromiss suchen. Aber da hab ich aus seinen Worten nichts Brauchbares gefunden. Die Vertreter der Wirtschaft waren da offener und pragmatischer. Und der Sprecher der Gewerkschaft beschuldigte sowohl die Türkei als auch die griechisch- zypriotische Regierung sich um die türkisch-zypriotische Bevölkerung überhaupt nicht zu kümmern. Und aus meiner Sicht hat er völlig Recht. Ich hab jedenfalls bisher keinen zypriotischen Politiker von welch immer Seite getroffen der mit Mut und Vision an einer Lösung arbeitet. Als er sich noch nicht enttäuscht von den entsprechenden Bemühungen zurückgezogen hat, war das noch am ehesten Christofias. Aber er wurde von beiden Seiten in Stich gelassen.

Aber natürlich geht es bei der Präsidentschaft ja nicht um Zypern sondern um die EU. Viele Fragen stehen an, von der Energiepolitik bis zur Asyl- und Zuwanderungspolitik. Die wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise werden ja auf Ratsseite durch die Staats- und Regierungschefs behandelt. Aber auch die Situation in der unmittelbaren Umgebung von Zypern macht ihnen zu Recht Sorge. Zypern liegt ja sehr nahe an einige Konfliktherden, insbesondere zu Syrien und zum Konflikt zwischen Israel und Palästina. Zypern hat traditionellerweise besonders gute Kontakte zur arabischen Welt. Zuletzt hat es aber auch die Beziehungen zu Israel wesentlich verbessert. Zypern wird es also nicht leicht haben, aber es wird sich sehr bemühen seine erste Präsidentschaft gut zu erledigen. Dies ist jedenfalls mein Eindruck nach den Gesprächen in Nikosia.

Vor allem nach der Verschlechterung der Beziehungen zwischen Israel und der Türkei  und dem Entdecken von Erdöl/Erdgas vor den gemeinsamen Küstenstrichen kam es zu einer verstärkten zivilen und militärischen Zusammenarbeit. Ich hoffe das ist ein Beitrag zum Frieden und schürt nicht neue Konflikte. Würde die Türkei in diese Zusammenarbeit eingebunden sein, hätte ich ein besseres Gefühl. Aber das hat vor allem die Türkei selbst verhindert. Die Türkei hat nämlich ihre Rolle als Gesprächspartner für alle Seiten in dieser Region verspielt. In der unmittelbaren Nachbarschaft ist sie eher isoliert. Und intern triftet die Regierung Erdogan immer mehr ins islamisch-konservative Lager. Und die Nichtanerkennung der zypriotischen Präsidentschaft als Gesprächspartner verärgert auch viele Freunde in Europa.