Zypern: Weg aus der Krise?

Der „Relaunching Europe“ Event in Nicosia beschäftigte sich naturgemäß mit der Krise und Auswegen aus diese. Als der Zusammenbruch des Bankensystems drohte, wurde Zypern hart getroffen. Ein eilig geschnürtes „Hilfs“-Paket führte zu Recht zu Unmut. Noch heute wird in Zypern moniert, das die Bankenkrise in Zypern jedenfalls zum Teil auf die Krise in Griechenland und dem dort stattgefundenen Haircut zurückzuführen ist, dass man aber Zypern keineswegs so wie Griechenland geholfen hat.

Die Entschuldung griechischer Banken hat diese, auf Grund der hohen Beteiligung zypriotischer Banken am griechischen Bankensystem, arg in Mitleidenschaft gezogen. Und es wäre nur recht und billig gewesen, das bei der Lösung der griechischen Bankenprobleme mit zu beachten, es aber jedenfalls bei Ausbruch der Krise in Zypern, im Rahmen des Zypernpakets, mit zu berücksichtigen. Dass nun die Troika die Dinge durch ihre konkreten Forderungen und durch ihr autoritäres Auftreten noch schlimmer gemacht hat, kommt hinzu.

So war bei unserem ersten Termin in der zypriotischen Nationalbank von einer Mitarbeiterin zu hören: „gerade jetzt ist die Troika im Haus und das ist als ob wir besetzt wären.“ Was mich veranlasste bei einigen Medienterminen in Anspielung an die Anwesenheit des türkischen Militärs auf der Insel zu sagen, dass Zypern keine Besetzung, weder durch das türkische Militär, noch durch die Troika, braucht. Nationalbankpräsident Demetriades bemüht sich sehr eine grundlegende Reform des Bankenwesens in Gang zu setzen. Er war viele Jahre hindurch Wirtschaftsprofessor in England und ist daher fähig und bereit die notwendigen Strukturreformen durchzuführen.

Allerdings will nicht jeder im Lande, dass der Einfluss einiger Politiker und Developer einem sachlichen und fachlichen Urteil der Bankmanager weichen soll. Denn neben der hohen Beteiligung der zypriotischen Banken an den griechischen Banken war auch der starke und oftmals direkte Einfluss auf das Bankmanagement durch diejenigen, die ein direktes Interesse an bestimmten Krediten hatten, ein hausgemachtes Problem. Nach Meinung des Nationalbankpräsidenten waren hingegen die starken Geldflüsse aus Russland nicht so entscheidend wie oft dargestellt.

Die Abendveranstaltung unserer „Relaunching Europe“ Reihe war natürlich auch eine fundamentale Kritik an der europäischen Krisenbekämpfungspolitik. Insbesondere der Wirtschafts-Nobelpreisträger Prof. Pissaridis geißelte die neoliberale Wirtschaftspolitik der EU-Kommission und der Mehrheit der Regierungschefs im Rat. Es kaum möglich sein ohne mehr Investitionen und eine Steigerung der Nachfrage aus der Krise zu kommen. Zwar war der Rückgang des zypriotischen Sozialprodukts im letzten Jahr nicht so stark wie erwartet, aber 2014 könnte er schlimmer als ursprünglich angenommen ausfallen. Die Arbeitslosigkeit, vor allem bei Jugendlichen, ist extrem hoch und wird es auch noch lange bleiben – jedenfalls wenn sich die neoliberale Wirtschaftspolitik nicht ändert.

Selbstverständlich kommt man in Zypern nicht umhin, auch das Problem Nummer eins, die Teilung des Landes, anzusprechen. Sowohl mit dem Präsidenten des Parlaments und Vorsitzenden der „sozialdemokratischen“ Partei EDEK, Omirou, als auch mit Papodopoulos, dem Vorsitzenden der Demokraten, besprach ich dieses Thema. Beide Parteien haben je einen Abgeordneten bzw. eine Abgeordnete in der S&D Fraktion. Aber in der Zypernfrage sind sie eher Hardliner.

Anders der Präsident Zyperns Anastasiades und sein Außenminister Kassoulides, welchen ich aus dem EU-Parlament kenne. Sie sind beide zu Kompromissen bereit und wollen möglichst bald Verhandlungen mit der türkischen Seite aufnehmen. Selbstverständlich sind nur solche Kompromisse machbar, die es ermöglichen, dass Zypern ein voll handlungsfähiges Mitglied der EU bleibt. Die Forderung die immer wieder von türkischer Seite kommt, eine Konföderation von zwei fast unabhängigen Staaten zu bilden, ist sich nicht annehmbar.

Wie immer besuchte ich auch, trotz mancher Bedenken meiner griechisch – zypriotischen Gesprächspartner, den türkisch – zypriotische Teil von Nicosia. Von griechisch – zypriotischer Seite hat man eine geradezu hysterische Angst, solche Besuche könnten als Anerkennung der türkisch – zypriotischen Republik Nordzypern ausgelegt werden. Das erste Gespräch führte ich mit meinem langjährigen Freund und Beobachter in unserer Fraktion Özdil Nami, der die Funktion eines „Außenministers“ erfüllt. Auch von Seiten von Außenminister Kasoulides wurde bestätigt, welch wichtiger und angenehmer Verhandlungspartner Nami ist. Er war sehr hoffnungsvoll bei unserem Treffen, dass in wenigen Tagen eine gemeinsame Grundsatzerklärung der beiden Chefs der griechischen und türkischen Volksgruppen ( der beiden Präsidenten, neue Gespräche in Gang setzen könnten.

Auch Yorganciooglu, der „Premierminister“ der türkischen Zyprioten gab sich ähnlich optimistisch und hoffte auf positive wirtschaftliche Konsequenzen einer Entspannung auf Zypern. Allerdings hat die Regierung nur einen begrenzten Einfluss auf die Eröffnung einer neuen Verhandlungsrunde, da dies vor allem vom „Präsidenten“ Eroglu abhängt. Und dieser gehört einer Partei an, die nicht zu vielen Kompromissen bereit ist. Jedenfalls nicht im Ausmaß, wie die von mir getroffenen Sozialdemokraten der türkisch zypriotischen Regierung.

Was heute noch oder wieder an gemeinsamen Projekten zwischen Süd und Nord durchgeführt wird, wird vor allem mit – finanzieller – Unterstützung durch die EU getan. Ohne die EU würden die Gemeinsamkeiten noch viel geringer vorhanden sein. In diesem Sinn habe ich mich auch immer wieder bemüht zu beiden Seiten gute Kontakte aufrecht zu erhalten und wurde dabei von der Fraktion auch immer unterstützt. Schließlich ist es die Aufgabe Europas, die Menschen auf unserem Kontinent zusammen zu führen.

Eine kurze Führung durch das hochinteressante archäologische Museum von Nicosia beendete meinen Besuch. Das sehr sehenswerte Museum macht deutlich, welche unterschiedlichen Einflüsse auf die Kulturen und das Leben auf dieser Insel einwirkten. Assyrische, Ägyptische, Phönizische, Griechische und Römische etc. Einflüsse können deutlich von den Kunstwerken und Gebrauchsgegenständen abgelesen werden. Was Zypern heute ist, ist es auf Grund unterschiedlicher Einflüsse, wobei natürlich auch die jüngeren Auswirkungen der türkischen und britischen Besatzungsmächte erwähnt werden müssen.