Arbeitsprogramm: Klare Ziele fehlen

prag1_neuDas Arbeitsprogramm der Kommission enthält viele gute Ansätze. Dennoch bleibt es in seiner Grundorientierung mangelhaft. Wir haben es nämlich nicht nur mit einer Wirtschaftskrise auf Grund der Finanzkrise zu tun, sondern auch mit einer Legitimationskrise in breiten Teilen der Öffentlichkeit zu tun. Das muss auch der Kommission zu Denken geben und daraus müsste eine Strategie folgen, die sowohl die Inhalte als auch die Methoden auch danach ausrichtet, wie die EU wieder stärkeren Rückhalt in der Bevölkerung bekommt. Wie begegnen wir dem wachsenden Populismus, wie dem engstirnigen Nationalismus der sich in Europa breit macht? Was machen wir für die Integration von Minderheiten wie den Roma und den MigrantInnen? Wie können wir die Mehrheiten in unseren Mitgliedsländern für eine solche Politik gewinnen?

Sicher steht an erster Stelle die Fortsetzung und Vollendung der Regulierung der Finanzmärkte und auch die Formulierung einer „Wirtschaftsregierung“. Damit alleine werden wir jedoch nicht mehr auf den gewünschten Wachstumspfad kommen. Zuwenig ist im Programm vom ursprünglich anvisierten Umbau der europäischen Wirtschaft in Richtung „grünes Wachstum“ und „grüne Arbeitsplätze“ die Rede. In einigen Mitteilungen der Kommission so von Kommissar Oettinger werden die Ziele klar umschrieben. Aber es fehlen die Operationalisierung und die Instrumente. Wie zum Beispiel soll der Infrastrukturbedarf im Energiebereich, unter anderem die Stromnetze finanziert werden? Wie sollen die ökologischen und Energiesparziele vor allem auch im Verkehrssektor und im öffentlichen Beschaffungswesen erreicht und umgesetzt werden? In beiden Fällen hatte dieses Parlament Mühe ökologische Kriterien einzufügen und den Marktliberalismus zu begrenzen.

Damit komme ich zum Binnenmarktprogramm der Kommission. Leider „vergisst“ die Kommission jene Aussagen von Mario Monti in seinem Bericht wo er auf die sozialen Ungleichgewichte und auf die Kritik aus der Bevölkerung verweist. Ohne stärkere soziale Dimension aber wird der Binnenmarkt nicht jene Unterstützung bekommen, die er verdient. Überdies würden dann die Forderungen nach Protektionismus immer lauter – von einem Mitgliedsland gegen das andere, und von der EU gegen die außerhalb der EU. Ein Bereich in dem dringender Handlungsbedarf gegeben ist, ist die Entsenderichtlinie wo eine Klarstellung und Neuregelung im Interesse der ArbeitnehmerInnen notwendig ist.

Wir werden uns aber auch einiges hinsichtlich der Steuerfrage überlegen müssen. Besonders die jüngste Situation in Irland hat für viel Unzufriedenheit und Ärger gesorgt. Denn es kann nicht sein, dass Mitgliedsländer einerseits durch extrem niedrige Steuersätze Betriebe anlocken und dann im Krisenfall keinen budgetären Spielraum mehr haben und auf die europäische Solidarität hoffen müssen. Diesbezüglich wird auch die Kommission mehr vorschlagen müssen, als im Arbeitsprogramm angegeben.

Dass wir ein soziales Ungleichgewicht haben zeigt auch die wachsende Schere zwischen Arm und Reich und eine inakzeptable Armut. Diesbezüglich müssen wir auch nach diesem Jahr noch viel tun und vor allem im Interesse der Frauen, die besonders davon betroffen sind.

Das Kommissionsprogramm enthält etliche Gesetzesvorschläge. Für manche zu viel, für andere zu wenig. Entscheidend ist aber die Qualität und nicht die Menge. Aber noch entscheidender die Erklärung für die Bevölkerung. Es ist grotesk wie wenig wir für die Erklärung unserer Arbeit verwenden. Viel von unserer Arbeit und unseren Bemühungen gehen verloren, weil wir nicht die Anstrengung Unternehmen die Bevölkerung zu gewinnen. Oft glauben wir eine noch dazu meist unverständliche Presseaussendung genügt. Aber insbesondere mit dem Gesetzesbeschluss über die Volksinitiative werden wir noch viel mehr Bemühungen unternehmen müssen, unsere Arbeit zu erklären, sonst richtet sich dieses Instrument gegen Europa und dient nicht dem Aufbau und der Weiterentwicklung unserer Gemeinschaft.

Hannes Swoboda