Grüne: Kosovo-Anerkennung "nicht der Weisheit letzter Schluss"

Lunacek mahnt mäßigende Rolle der EU ein – Swoboda: Haltung Belgrads "Bedrohung" der europäischen Zukunft – FPÖ befürchtet Präzedenzfall
Im Falle einer Zuspitzung der Lage nach einer Unabhängigkeitserklärung des Kosovo müsse die EU eine mäßigende Rolle spielen. Das forderte die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulrike Lunacek, in einer Aussendung am Freitag. "Die Anerkennung kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein." Die EU müsse auch die Überlebensfähigkeit des Kosovo gewährleisten. Angesichts des am Montag bevorstehenden EU-Außenministerrats war Lunacek sich mit Andreas Schieder, dem außenpolitischen Sprecher der SPÖ, einig, dass die EU einheitlich auftreten solle.
Der SPÖ-Europaabgeordnete Hannes Swoboda kritisierte die Äußerungen des serbischen Außenministers Vuk Jeremic vom Donnerstag im UNO-Sicherheitsrat, wonach Serbien "niemals" eine Verletzung seiner territorialen Integrität akzeptieren werde. Diese Haltung stelle weniger eine Gefahr für die Unabhängigkeit des Kosovo, "als vielmehr eine Bedrohung für die europäische Zukunft der serbischen Jugend dar", erklärte Swoboda laut einer Aussendung vom Freitag auf einer Tagung mit Vertretern der Balkan-Region in der slowenischen Hauptstadt Laibach (Ljubljana).
Auch wenn niemand von Serbien die Anerkennung einer kosovarischen Unabhängigkeit verlange, so sei "eine Aufheizung des Klimas in Serbien und in den benachbarten Staaten" inakzeptabel, so Swoboda. Die EU könne nur verantwortungsbewussten und stabilisierend agierenden Ländern helfen. Jeremic hatte angekündigt, sein Land werde alle diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen ergreifen, um diesen "direkten und grundlosen Angriff auf unsere Souveränität" zu verhindern und rückgängig zu machen.
Äußerst kritisch äußerte sich der freiheitliche Europaparlamentarier Andreas Mölzer zu der für kommenden Sonntag erwarteten Unabhängigkeitserklärung des Kosovo. In einer Aussendung bezeichnete er es als "wirklich beunruhigend, dass Brüsseler Zentralisten Hand in Hand mit den USA einen neuerlichen Konflikt im Kosovo schüren". Der Weg Serbiens in die EU müsse "ohne Repressionen" erfolgen, die Beitritts-Option dürfe nicht mit der Unabhängigkeit des Kosovo verknüpft werden, unterstrich der EU-Mandatar. Er warnte zudem vor einem zweiten "US-Satellitenstaat am Balkan" neben Albanien.
Er trete zwar "prinzipiell" für das Selbstbestimmungsrecht der Völker ein, so Mölzer. Der Kosovo sei allerdings "seit Jahrhunderten ein serbisches Kerngebiet". Zudem arbeiteten die Kosovo-Albaner "mit demografischen Mitteln, wie ihrer hohen Geburtenrate und dem Abwanderungsdruck gegenüber den Serben, an einer schleichenden Übernahme der Region", was keine Grundlage für einseitige Unabhängigkeitserklärungen sein könne. Er befürchte, dass ein Präzedenzfall geschaffen werde, der den Türken in Nordzypern die Rechtfertigung liefere, die internationale Anerkennung ihrer einseitig ausgerufenen Republik zu verlangen, so Mölzer.
FPÖ-Bundesobmann Heinz-Christian Strache forderte die österreichische Regierung dazu auf, eine einseitige Unabhängigkeitserklärung des Kosovo nicht anzuerkennen. Die UNO-Resolution 1244 zum Kosovo sehe zwar eine substanzielle Autonomie des Kosovo vor, nicht aber dessen Unabhängigkeit. Er verwies auch auf Äußerungen von Papst Benedikt XVI., der im Jänner an legitime Ansprüche beider Parteien im Kosovo erinnert hatte. Die Zukunft des Kosovo müsse auf dem Verhandlungstisch entschieden werden, betonte der Parteichef.
Brüssel, 15.2.2008