Hannes Swoboda: ‚Euroraum braucht mehr Zeit, um die öffentlichen Schulden und Defizite zu verringern‘

Die Kommission verlässt sich auf ein unzeitgemäßes Wirtschaftsmodell, das die negativen Auswirkungen der Sparhaushalte auf das Wirtschaftswachstum und die Arbeitsplätze stark unterschätzt hat. Der Euroraum braucht mehr Zeit, um seine öffentlichen Schulden und Defizite zu verringern“, erklärte heute der Vorsitzende der S&D Fraktion Hannes Swoboda vor der Veröffentlichung der wirtschaftlichen Empfehlungen der EU-Kommission.

 

„Übermäßige Ausgabenkürzungen, die ohnehin schwachen Volkswirtschaften aufgezwungen werden, stürzen die europäischen Volkswirtschaften einfach noch tiefer in die Rezession und machen noch mehr Menschen arbeitslos“, fügte er hinzu.

 

Swobodas Warnung folgt auf die alarmierenden Befunde eines unabhängigen Berichts, der von der Sozialdemokratischen Fraktion in Auftrag gegeben und von drei bekannten Wirtschaftsinstituten erstellt worden ist: das Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE) in Paris, das Macroeconomic Policy Institute (IMK) in Düsseldorf und der Economic Council of the Labour Movement (ECLM) in Kopenhagen.

 

Der Bericht wurde heute im Europäischen Parlament in Brüssel der internationalen Presse vorgestellt. Hannes Swoboda übernahm die Präsentation, assistiert von Philippe Weil (Präsident des OFCE), den beiden Verfassern des Berichts Xavier Timbeau und Jérôme Creel, Andrew Watts (stellvertretender Direktor des IMK) und Lars Andersson (Direktor des ECLM).

 

In ihrem Bericht sagen die Experten voraus, dass Europa im kommenden Jahr ein weiteres Rezessionsjahr mit einem Rückgang von 0.3% des Bruttoinlandsprodukts und einem neuerlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit aufgrund der derzeitigen Sparmaßnahmen in den meisten EU-Ländern bevorsteht. Die EU-Kommission prognostizierte im vergangenen November hingegen ein moderates Wachstum von 0,1% des BIP in der Eurozone.

 

Die unabhängigen Wirtschaftsexperten sagen, dass die EU-Kommission die negativen Auswirkungen von Sparmaßnahmen in ganz Europa unterschätze. Sie schlagen vor, die Haushaltskonsolidierung unter Beachtung der derzeitigen EU-Haushaltsregeln zu verschieben und zu verlängern.

 

„Anstelle von Sparmaßnahmen von beinahe 130 Milliarden Euro für den gesamten Euroraum würde eine ausgewogenere Haushaltskonsolidierung von 0,5 Prozent des BIP in Übereinstimmung mit den Verträgen und dem Fiskalpakt einen Handlungsspielraum von über 85 Milliarden Euro alleine für das Jahr 2013 bewirken. Außerdem würden dadurch 1,5 Millionen Arbeitsplätze gerettet“, schreiben die Experten.

 

Hannes Swoboda sagte abschließend: „Zahlreiche Wirtschaftler in der ganzen Welt, einschließlich Experten des Internationalen Währungsfonds, haben anerkannt, dass diese Kur im Euroraum zu brutal ist. Dieser Bericht zeigt, wie wichtig es ist, eine Alternative zu den wirtschaftlichen Analysen und Empfehlungen der EU-Kommission zu haben. Die Kommission hat eine zu orthodoxe Position eingenommen und sollte in diesem Bereich kein Monopol haben.

 

Es ist höchste Zeit, dass die Kommission ihre Fehler einsieht und wirtschaftspolitische Empfehlungen gibt, die die Eurozone aus der Krise herausführen. Jeder weitere Zeitverlust wird die Lage lediglich verschlimmern.“

Die S&D Fraktion ist bereit, im Europäischen Parlament mit der Kommission zu debattieren. Die sozialdemokratische Abgeordnete Elisa Ferreira wird den Parlamentsbericht über den Jahreswachstumsbericht ausarbeiten.