Scheele/Swoboda: Künftiges Verhältnis Irlands zu EU klären

"Das Nein der Iren zum EU-Reformvertrag wirft ein großes Fragezeichen auf die Zukunft des Projekts Europa. Der negative Ausgang des Referendums ist aber keine Katastrophe und als demokratisches Votum zu akzeptieren", erklärt Karin Scheele, Leiterin der SPÖ-Delegation im Europäischen Parlament, am Freitag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.
"Im gesamteuropäischen Kontext ist es demokratiepolitisch aber klar fragwürdig, wenn der EU-Vertrag durch die Bevölkerung eines zudem kleinen Mitgliedslandes verhindert würde, während eine Zustimmung durch die übrigen 26 EU-Staaten zu erwarten ist. Umso mehr, wo der Vertrag von Lissabon ja entscheidende demokratische Fortschritte für die EU bringen würde", so Scheele. ****

Es gelte jetzt, aus den Gründen für die Ablehnung in Irland die Lehren zu ziehen und sachlich zu klären, welchen Weg Irland wählt, um sein Verhältnis zur Europäischen Union klar zu definieren. "s müssen jedenfalls für eine immer noch mögliche Trendumkehr in der irischen Bevölkerung kontraproduktive Schnellschüsse vermieden werden", warnt die Europaabgeordnete.

"In Irland hat sich die Bevölkerung eines Landes, das von der EU-Mitgliedschaft besonders profitiert hat, gegen eine Stärkung der Europäischen Union und gegen die notwendigen Reformen ihrer Institutionen ausgesprochen. Dies muss für alle EU-Regierungen ein überdeutliches Signal sein, die Informationstätigkeit über europäische Zusammenhänge gemeinsam zu verbessern und die konkreten Vorteile durch die EU-Mitgliedschaft zu kommunizieren", fordert Scheele. Es stehe außer Frage, dass nicht nur in Irland, sondern europaweit viele Menschen von den positiven Aspekten des Vertrages nicht überzeugt und einer irreführenden Negativpropaganda ausgesetzt seien. "Der europäische Mehrwert muss für die Menschen daher anhand konkreter europäischer Politik sichtbar werden. Und die soziale Komponente der EU muss gestärkt werden, um die Unterstützung der Menschen für das Projekt Europa zu sichern", so Scheele.

"Die irische Bevölkerung hat einer Stärkung der EU auf internationaler Ebene nicht zugestimmt", erklärt Hannes Swoboda, SPÖ-Europaabgeordneter und Vizepräsident der SPE-Fraktion. Das Votum sei zur Kenntnis zu nehmen, obwohl "massive finanzielle Mittel für die Nein-Kampagne eingesetzt wurden". Aber Irland müsse zur Kenntnis nehmen, dass andere Staaten europäische Interessen durch eine reformierte EU stärker durchsetzen und eine handlungsfähigere und demokratischere Union wollen. Swoboda weiter: "Daher sollte sich Irland in einer zweiten Abstimmung zwischen der Stärkung der EU und einem Austritt entscheiden, denn dies ist die wirkliche Entscheidung". Nach dem Austritt bzw. vor einer neuerlichen Abstimmung sollte über eine "privilegierte Partnerschaft" zwischen der EU und Irland verhandelt werden. "Angesichts der massiven finanziellen Unterstützung des Landes durch die EU-Partner in der Vergangenheit mag es unfair sein, nach dem Empfang dieser finanziellen Leistungen aus der EU auszuscheren. Dies ist aber immer noch besser, als den Fortschritt in der EU zu behindern", betonte Swoboda.

Die Staats- und Regierungschefs seien nun aufgerufen, unabhängig vom vorläufigen Scheitern des Reformvertrags die Ratifizierungen fortzusetzen und vor einem zweiten Referendum in Irland abzuschließen. Bestimmte Neuerungen, die der Reformvertrag durch institutionelle Veränderungen bringen würde, müssten durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Hilfe der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments umgesetzt werden. "Das gilt für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, die Energiepolitik und auch die Migrations- und Integrationspolitik. Die Regierungen sollten im Rahmen eines eventuell eigens einzuberufenden "Europäischen Kongresses" gemeinsam mit Kommission und Parlament positive Schritte setzten, um ein Scheitern des Projekts Europa zu verhindern. Engstirnigkeit, Nationalismus und Verzicht auf eine eigene starke Stimme der EU in der Welt dürfen nicht den Sieg davontragen", schloss Swoboda.