S&D Fraktion: „Wir müssen Industriepolitik stärken, um gegen die Rezession anzugehen“

EU Kommissar Antonio Tajani wird morgen ein Papier zur Erneuerung der europäischen Industriepolitik vorlegen. Laut des europäischen Kommissars, muss Industriepolitik ein größeres Gehör in Brüssel finden. So argumentiert er, dass der Anteil der Industrie an der europäischen Wirtschaftsleistung von derzeitig 15% auf 20% erhoben werden sollte.
Im Hinblick auf das bevorstehende Papier sagte Hannes Swoboda, Fraktionsvorsitzender der europäischen Sozialdemokraten:
„Es ist erfreulich, dass die EU Kommission nun neben der Binnenmarktstrategie und der Wettbewerbspolitik auch der Industriepolitik Anerkennung zollt. Die S&D-Fraktion verlangt schon seit langem eine effiziente, europäische Industriepolitik als notwendige Ergänzung zu nationalen Anstrengungen.
„Gerade die gegenwärtige Krise zeigt, dass Länder mit einem höheren Industrieanteil gemessen am Sozialprodukt die Krise besser übertauchen bzw. bewältigen. Daher darf die Industriepolitik nicht mehr länger Stiefkind bleiben, sondern muss zumindest gleichrangig zu den anderen Politiken hinzutreten“.
Er fuhr fort, die zunehmend wichtigere Rolle der Industriepolitik vor dem Hintergrund des globalen Wettbewerbs hervorzuheben:
„Angesichts eines wachsenden Protektionismus von den USA bis China, müssen wir unsere Industrie stärken und ausbauen, ohne allerdings selbst einem Protektionismus zu huldigen. Dabei geht es auch um Reziprozität in unseren Handelsbeziehungen. Nur durch offene Markte und einen fairen Wettbewerb bekommt Europas Industrie eine Chance auf den Weltmärkten.
„Dazu braucht es vermehrter Anstrengungen zur qualitätsvollen Ausbildung sowie zur Forschung und Entwicklung. Die gegenwärtige, extreme Sparpolitik reduziert aber vielfach genau jene Ausgaben. Auch müssen die Finanzdienstleistungen wieder stärker den Industriesektor unterstützen und weniger riskante Pakete für die Spekulanten schnüren und anbieten.
„Wichtig ist auch die Förderung eines innovativen Klimas und von start-ups. Europa verliert viele wertvolle Talente, weil die Risikofinanzierung für neue Klein- und Mittelbetriebe zu schwach ausgebildet ist. Banken sollten einen bestimmten Anteil ihrer Kreditfinanzierung bzw. Bilanzsumme solchen Unternehmungen als Kredite oder Eigenkapital zur Verfügung stellen müssen – direkt oder über Risiko- und Innovationsfonds. Jedenfalls müssen wir die gegenwärtige Kreditklemme in manchen Mitgliedstaaten überwinden. Darüber hinaus sollten auch Universitäten angeregt werden, ihre Absolventen bei der Neugründung von Betrieben zu unterstützen“.
Er schloss mit einem Ausblick der Auswirkung der Industriepolitik auf andere wichtige Politikfelder:
„Der Ausbau der Industrie bedarf aber auch vermehrter Investitionen in die moderne Infrastruktur. Und das geht vom Ausbau von Verkehrsverbindungen bis zu “ intelligenten Netzen“ für die Stromversorgung und vermehrten Investitionen in Breitbandnetzen. Deshalb ist die in den zukünftigen EU Budgets vorgesehene „Connecting Europe“ Ausgabenposition so wichtig und sollte nicht den Kürzungsvorstellungen einiger Regierungen zum Opfer fallen.
„Zuletzt geht es auch darum, dass Europa bezüglich Regulierungen für industrielle Prozesse und Produkte federführend ist. Das war der Fall bei der Chemikalienverordnung REACH und sollte insbesondere bei nachhaltigen Energien der Fall sein.
„Je stärker Europa den Vorsprung bei solchen Regulierungen hat, desto eher können wir die weltweiten Regeln beeinflussen. Dabei geht es um ein ausgewogenes Verhältnis von Bekenntnissen zu Innovationen einerseits und zur Nachhaltigkeit und Umweltfreundlichkeit anderseits“.