Swoboda bei Matinee zur „Zukunft Europas“: Breite Debatte für gemeinschaftliches Selbstverständnis erforderlich

IMG_9150Swoboda bei Matinee zur „Zukunft Europas“: Breite Debatte für gemeinschaftliches Selbstverständnis erforderlich

Utl.: Politischer Umgang mit der Wirtschaftskrise ist zentral – Finanzmärkte stärker regulieren

SPÖ/EU/Swoboda/Wirtschaft/ÖKUPO

Hannes Swoboda, Vizepräsident der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament, betonte am Sonntag bei einer Matinee, dass „wir eine breite Debatte über Europa brauchen“. Er sieht eine Tendenz zur Renationalisierung in Europa, die dem gemeinschaftlichen Selbstverständnis entgegenstehe. Gemeinsam mit dem Schriftsteller Robert Menasse diskutierte Swoboda im Rahmen einer von der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik (ÖKUPO) veranstalteten Matinee in der Kunsthalle Wien über die Zukunft Europas. ****

In der Europäischen Union gebe es kein gemeinschaftliches Selbstverständnis wie etwa in den USA, im Gegenteil, es werde ein Rückwärtsgang eingelegt, so Swoboda. Niemand käme in den USA auf die Idee, das verschuldete Kalifornien auszuschließen, wie es hier Kräfte wie die FPÖ für Griechenland fordern. „Wir haben es noch nicht geschafft, ein Gemeinschaftsgefühl herzustellen“, so Swoboda. Das Projekt „Europäische Union“ als gescheitert zu bezeichnen und etwas Anderes zu wollen, kann der Europapolitiker nicht nachvollziehen. Wenn Joschka Fischer etwa sage, „Vergesst dieses Europa“, „meint er kein neues, stärkeres und gemeinschaftliches, sondern ein kleineres, engeres und intergouvernementales Europa“, sagte Swoboda.

Auf der Ebene des EU-Parlaments funktioniere das Gemeinschaftliche: Die Abgeordneten kämen zu europapolitischen Kompromissen. Diese auf die Nationalstaaten zu übertragen, sei aber ein noch nicht bewältigtes Problem. Europäische Abgeordnete hätten oft andere Ziele und Sichtweisen als nationale Vertreter.

Bedenklich findet Swoboda Entwicklungen wie die Duldung eines Rechtsextremen als Chefdramaturg am größten Budapester Theater vonseiten der EVP oder die Situation der Roma in Rumänien, die lieber von Abschiebung bedroht als Illegale in Frankreich leben, weil sie dort zumindest Zugang zu Schulen und Gesundheitsleistungen haben, die sie in Rumänien nicht bezahlen könnten. „Die Duldung solcher Ereignisse widerspricht den Grundsätzen der EU“, kritisierte der S&D-Vizepräsident.

Zur Wirtschafts- und Finanzkrise sagte Swoboda: „Zentral ist nicht die Wirtschaftskrise, sondern der politische Umgang damit.“ Es gehe nicht nur um ein Verschuldungsproblem, wie etwa Angela Merkel behauptete. Wichtig sei vor allem die stärkere Regulierung der Finanzmärkte.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Andrea Schurian, Kulturressortleiterin beim „Standard“. Begrüßt wurden die Diskutanten und die zahlreichen Gäste von Hilde Hawlicek, der Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kulturpolitik. (Schluss) bj/pl