Swoboda überreicht Bruno-Kreisky-Preis für das publizistische Gesamtwerk an Hans Mommsen

swoboda_strassburg0404_zinner-081Utl.: Anerkennungspreise gehen an Traude Bollauf und Gregor Mayer/Bernhard Odehnal

Am Montagabend wurde im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch 2010 verliehen. Den Preis für das publizistische Gesamtwerk überreichte als Vorsitzender der Jury der SPÖ-EU-Abgeordnete Hannes Swoboda an den deutschen Historiker Hans Mommsen. Anerkennungspreise erhielten Traude Bollauf für ihr Buch „Dienstmädchen-Emigration nach England. Die Flucht jüdischer Frauen aus Österreich und Deutschland nach England 1938/39“ sowie Gregor Mayer und Bernhard Odehnal für „Aufmarsch. Die rechte Gefahr aus Osteuropa“. Der Hauptpreis für Charles Taylor und weitere Anerkennungspreise werden bei einer weiteren Preisverleihung am 10. Juni vergeben. ****

Swoboda würdigte in seiner Laudatio auf Hans Mommsen dessen herausragendes Gesamtwerk, das vor allem für die deutsche Geschichte zwischen 1918 und 1945 bedeutende Erkenntnisse brachte. Mommsens Studien über den Übergang von der Weimarer Republik zum Nationalsozialismus gelten noch heute als bahnbrechend. Seine Promotion zum Thema „Die Sozialdemokratie und die Nationalitätenfrage im Habsburger Vielvölkerstaat 1867-1907“ und viele weitere Aufsätze zur Arbeiterbewegung zeichnen Mommsen als profunden Kenner der Sozialdemokratie und österreichischer Zeitgeschichte aus. Swoboda betonte, wie wichtig es sei, sich mit der Geschichte zu beschäftigen und daraus Lehren für die Gegenwart zu ziehen. An aktuellen Entwicklungen in Europa, wie etwa nationalistische Tendenzen, steigende Zustimmung für rechtsextreme Gruppierungen oder der Abbau sozialstaatlicher Leistungen, sehe man gefährliche Parallelen zu früheren Zeiten, die Sorgen bereiten und denen man entschieden entgegentreten müsse, so Swoboda.

Mit einer dieser Gefahren, dem aufsteigenden Rechtsextremismus in Osteuropa, haben sich Mayer und Odehnal in ihrem Werk auseinandergesetzt. Auch in West- und Mitteleuropa gebe es besorgniserregende Rechtstendenzen, sagte Swoboda. „Die spezifische Entwicklung im Osten, von besonderer Tragweite in Ungarn, muss uns zu denken geben. Die Rechtsextremen in Europa wollen die europäische Idee zerstören und zurück zum Nationalismus. Das ist sehr gefährlich für unsere Gesellschaft“, warnte Swoboda.

Die Arbeit von Traude Bollauf beschäftigt sich mit einem bislang kaum erforschten Bereich, nämlich der Flucht jüdischer Frauen aus Österreich und Deutschland mithilfe einer „domestic permit“ nach England 1938/39. Die Flucht vor dem NS-Regime rettete vielen Frauen das Leben, gleichzeitig gerieten sie dort als Dienstmädchen in neue Abhängigkeiten. „Ein wertvolles historisches Buch mit Bezügen zu heutigen Migrationsdebatten“, so Swoboda. Denn auch heute gebe es viele Menschen, die vor Verfolgung fliehen, und sich in den Zielländern ihrer Flucht in neue Abhängigkeiten begeben müssen.

Der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch wird von der Bildungsorganisation der SPÖ und vom Dr.-Karl-Renner-Institut seit 1993 im Gedenken an Bruno Kreisky verliehen.