Swoboda zu Krisenbericht: EU braucht abgestimmte Strategie zur Wirtschaftsentwicklung

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-133Utl.: Acht Millionen mehr Arbeitslose in Europa – Defizit kletterte von 2,3 auf 7,5 Prozent des BIP =

Wien (OTS/SK) – Das Europäische Parlament legte heute seinen „Zwischenbericht über die Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise: Empfehlungen in Bezug auf zu ergreifende Maßnahmen und Initiativen“ vor. S&D-Vizepräsident Hannes Swoboda, Mitglied im Sonderausschuss zur Finanz-, Wirtschafts- und Sozialkrise (CRIS), nennt die wesentlichen Eckpunkte: „Eine bessere Lenkung des europäischen Finanzsystems ist notwendig. Auf nationaler Ebene müssen Mechanismen entwickelt werden, die sicherstellen, dass die Maßnahmen zur Stärkung und Rekapitalisierung der nationalen Finanzsysteme EU-Richtlinien entsprechen.“ Die europäische Steuerpolitik müsse zudem antizyklisch, abgestimmt und nachhaltig sein, so Swoboda weiter. ****

Swoboda erläutert: „Der heute abgestimmte Bericht ist ein Kompromiss zwischen der konservativen Betonung einer strengen Fiskalpolitik und der sozialdemokratischen Strategie der Unterstützung des Wachstums und der Beschäftigung.“ Auch bei der Beratung der Gesetzesvorschläge in den nächsten Monaten gehe es um eine ausgeglichene Strategie, die nicht nur das Budget und die Defizitsenkung im Auge hat, sondern eine vorausschauende Wachstumsstrategie. „Die Vorschläge der Kommission aber auch des Rats diesbezüglich sind noch nicht ausbalanciert. Der Streit um Sanktionen ist zudem besonders absurd. Eine Gemeinschaft wie die Europäische Union muss primär eine gemeinsame, auf die einzelnen Länder abgestimmte Strategie der Wirtschaftsentwicklung formulieren“, sagt Swoboda. Wenn man nur über Sanktionen rede, dann sei das ein Einverständnis, dass eine gemeinsame Politik nicht möglich ist, so Swoboda.

„Der heute abgestimmte Zwischenbericht sollte von den Mitgliedern des Rats und der Kommission genau gelesen werden. Er formuliert nämlich die Grundlage einer gemeinsamen Finanz- und Wirtschaftspolitik mit Ansätzen, wie bei einer zukünftigen Vertragsänderung auch die Rolle der Kommission gestärkt werden könnte“, erklärt SPÖ-EU-Abgeordneter Hannes Swoboda.

Im Bericht werden auch die Hauptauswirkungen der Krise genannt:
* Die Rettung des Bankensektors wird die Staaten auf internationaler Ebene 650 Milliarden Euro kosten.
* Das öffentliche Defizit in der Europäischen Union kletterte von 2,3 Prozent des BIP (2008) auf 7,5 Prozent (2010).
* Die Arbeitslosigkeit stieg in der EU von 7,1 Prozent im Jahr 2007 auf heuer prognostizierte 10,3 Prozent. Fast 25 Millionen Menschen sind damit heuer von Arbeitslosigkeit betroffen, davon haben acht Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz infolge der Krise verloren.

Der rund 50 Seiten starke Bericht listet aber auch ein ganzes Bündel an Gründen auf, die zum Ausbruch der Krise geführt haben – darunter etwa:
* Verteilung: Der Gewinnanteil der Finanzindustrie an den Gewinnen der amerikanischen Volkswirtschaft ist von durchschnittlich 15 Prozent im Zeitraum von 1948 bis 1988 auf 25 Prozent zwischen 1988 und 1999 und 2001 auf 30 Prozent angestiegen.
* Lobbying: Die Finanzindustrie hat 4 Milliarden Dollar investiert, um in den zehn Jahren vor dem Ausbruch der Krise ihre Strategie zur Beeinflussung des Kongresses der Vereinigten Staaten zu entwickeln.
* Regulierung: Die Europäische Union hat im Juli 1990 den freien Kapitalverkehr ohne Angleichung der Besteuerung von Ersparnissen sowie ohne Regulierung und Aufsicht anerkannt.