Und immer wieder: SWIFT

swiftWährend wir uns auf die Abstimmung über die neue EU-Kommission und über das Zusammenarbeitsabkommen zwischen Kommission und Parlament vorbereiteten, kam eine weitere Frage immer mehr in die Diskussion: das SWIFT-Abkommen zwischen der EU und den USA.

Begründeter Verdacht muss vorliegen

Dieses sieht eine Übermittlung von Bankdaten an die USA vor, wenn ein begründeter Verdacht einer finanziellen Transaktion im Zusammenhang mit terroristischen Handlungen besteht. Es geht also nicht um eine generelle Einsichtsmöglichkeit der US-Behörden in alle Banküberweisungen europäischer BürgerInnen, wie dies öfters fälschlicherweise dargestellt wird. Es muss ein konkretes, rechtlich begründetes Ansuchen einer amerikanischen Behörde vorliegen, um die Überweisungen einer bestimmten Person offen zu legen. Und natürlich würden auch die Justizbehörden des betroffenen Mitgliedsstaates informiert werden. Und den EuropäerInnen würden dieselben Rechte hinsichtlich US-StaatsbürgerInnen eingeräumt werden. Ich habe darüber nach meinem letzten Besuch in den USA, konkret im US-Finanzministerium, berichtet.

Dennoch gibt es zwei Probleme, die derzeit ein Hindernis für die Zustimmung der EU-ParlamentarierInnen darstellen. Erstens sind die Datenschutzrechte der europäischen BürgerInnen im Rahmen dieses Abkommens schwächer als innerhalb der EU. Und das ist grundsätzlich nicht einzusehen. Zweitens hat der Rat das Abkommen als zeitlich begrenzt – für neun Monate – gemeinsam mit der EU-Kommission noch schnell vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon unterzeichnet, um uns vor vollendete Tatsachen zu stellen. Aber auf Grund des Reformvertrags bedarf es ohnehin der Zustimmung des EU-Parlaments, denn wenn wir das Abkommen auch nach dem Inkrafttreten ablehnen, verliert es nachträglich seine Wirksamkeit.

Vorläufige Ablehnung

Diese Missachtung durch die schwedische Präsidentschaft, aber mit der Rückendeckung aller anderen Mitgliedsländer und der EU-Kommission können wir nicht akzeptieren. Leider war auch die spanische Präsidentschaft nicht aktiv, sonst hätte sie gleich von Beginn an den Dialog mit den EU-ParlamentarierInnen gesucht. So kam es vorerst zur Ablehnung des Abkommens im zuständigen Ausschuss für Grund- und Freiheitsrechte des EU-Parlaments. Inzwischen begannen heftige Aktivitäten, um uns dennoch zur Zustimmung zu bewegen. Die spanische Präsidentschaft schickte mehrere Vertreter, um mit uns zu reden, wobei sie natürlich ihre eigene leidvolle Erfahrung mit dem Terrorismus ins Treffen führten.

Aber auch die Amerikaner wurden aktiv. So hatten Martin Schulz und ich ein ausführliches Gespräch mit dem US-Botschafter in Brüssel. Diesen hatte ich ja schon im Rahmen eines Treffens mit unserer US Delegation auf SWIFT angesprochen. Er war ziemlich verbittert über unsere Haltung und hat gemeint, wenn es mit Europa insgesamt keine Vereinbarung gibt, dann müssten die USA mit Belgien und den Niederlanden, den Standortländern von SWIFT, also jener Organisation, die die Bankdaten speichert, eine Vereinbarung verhandeln.

Kein Justament-Standpunkt

Ich wünschte dem US-Botschafter viel Glück dabei, denn erstens dauert die Ratifizierung eines solchen Abkommens in Belgien sehr lange. Und zweitens glaube ich nicht, dass Belgien, das in der zweiten Hälfte dieses Jahres den EU-Vorsitz übernehmen wird, es sich gleich mit dem EU-Parlament verscherzen wird. Auch der US-Botschafter in Österreich lud mich zu einem Gespräch ein, das in einer durchaus herzlichen und konstruktiven Weise verlief.

Für mich war von Anfang an klar, dass wir ohne neue, verbindliche Zusagen von Rat und Kommission sowie den USA vor allem hinsichtlich einer dauerhaften Vereinbarung, dem SWIFT Abkommen, so wie es jetzt daliegt, nicht zustimmen können. Aber es geht nicht um einen Justament-Standpunkt, gewissermassen um dem Rat und der Kommission eins auszuwischen. Und es geht auch nicht um eine Machtprobe mit den USA. Dafür ist der Terrorismus eine zu ernste Sache. Die Tatsache, dass die Politik der USA für manche terroristische Aktivitäten „mitverantwortlich“ ist, macht eine Zusammenarbeit gegen den Terrorismus, dem viele Menschen zum Opfer fallen, nicht hinfällig. Und das gilt auch für das Unvermögen der amerikanischen Geheimdienste, das sich gerade in letzter Zeit zeigte.

Politik besteht auch aus Kompromissen

Dass das EU-Parlament mehr Macht besitzt, ist eine Tatsache und sowohl die Ablehnung einer von uns nicht für das vorgesehene Amt geeigneten Kommissionskandidatin als auch das neue Zusammenarbeitsabkommen zwischen Kommission und Rat belegen das. Auch die Diskussion um das SWIFT-Abkommen zeigt dies. Die Interventionen der US-Botschafter, Telefonate seitens der US-Außenministerin Hillary Clinton, die inständigen Bitten des Rates – all dies beweist, dass das EU-Parlament mehr Macht besitzt und diese auch ausnützten wird. Aber Politik besteht auch aus Kompromissen, wenn sie uns weiterbringen. Noch dazu in einer Phase des Übergangs von den alten Verträgen zu den neuen Verhältnissen auf Grund des Vertrags von Lissabon. Wenn uns allerdings die Vertragsparteien, die das Abkommen noch unter alten Verhältnissen abgeschlossen haben, nicht entgegenkommen und die neue Rechts- und Machtlage ignorieren, wird es eine Ablehnung im EU-Parlament geben. Wenn sie uns hingegen substanziell wesentlich entgegenkommen, dann sehe ich eine Möglichkeit der Zustimmung.

Wien,7.2.2010