Bestandsaufnahme des Friedensprozesses im Nahen Osten

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-042Herr Präsident! Seien wir doch ehrlich, der Nicht-Krieg – denn von Frieden können wir im Nahen Osten nicht sprechen – hat zuletzt darauf beruht, dass Diktatoren und autoritäre Regime ihre eigenen Leute im Zaum gehalten und einen Nichtangriffspakt mit Israel geschlossen haben, und auch Israel hat darauf beruht. Wie wir gesehen haben, sind solche Stützen und solche Säulen sehr brüchig und können plötzlich einstürzen. Nun sind sie eingestürzt!

Ich bin froh, dass sich Israel nicht in die innerarabischen Entwicklungen eingemischt hat. Aber nicht einmischen ist nicht genug! Wir müssen, wie Kollege Pöttering gesagt hat, die Chance ergreifen bzw. Israel muss die Chance ergreifen, jetzt mit Demokratien einen dauerhaften Frieden zu schließen – einen Frieden, der nicht nur auf den Schultern einiger Diktatoren ruht, sondern wirklich auch auf dem Willen der Bevölkerung beruht, Frieden zu schließen. Da ist die Siedlungsentwicklung nach wie vor nicht nur ein Dorn im Auge, sondern ein Hindernisgrund. Und wenn der schon zitierte stellvertretende Außenminister in dem Gespräch, das wir in Brüssel geführt haben, gesagt hat, wir nehmen den Palästinensern ohnedies keine neuen Gebiete weg, dann ist das Haarspalterei und zynisch zugleich! Denn die Siedlungsentwicklung muss gestoppt werden! Und ich bin sehr traurig, dass die Amerikaner hier ihr Veto eingelegt haben, weil sie damit bewiesen haben, dass sie nicht wirklich an dem Friedensprozess interessiert sind.

Kurz zu den Wahlen, nach denen bereits gefragt worden ist: Ich hoffe, dass wir die Wahlen anerkennen. Die Wahlen und den Ausgang der Wahlen müssen wir als demokratischen Schritt anerkennen. Das heißt nicht, dass wir jede Politik anerkennen müssen, die infolge der Wahlen umgesetzt wird. Aber wir dürfen nicht den Fehler wiederholen, zu entscheiden, wer der gute und wer der schlechte Wahlsieger ist, sondern wir müssen die demokratische Entwicklung anerkennen.

Und zuletzt nochmals, weil uns das alle eint: Ich hoffe, dass Sie auch Ihre Bemühungen verstärken, Herrn Schalit zu befreien, damit dieses Problem endlich gelöst wird. Denn so wie die Siedlungsentwicklung ein Hindernisgrund für wirklich ernsthafte Gespräche ist, so ist nach wie vor auch die Gefangennahme von Herrn Schalit ein Hindernisgrund. Ich hoffe, dass wir beide Probleme so angehen können, dass wir endlich zu vernünftigen, konstruktiven Friedensgesprächen im Nahen Osten kommen können!