Gipfel EU-Russland

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-034Herr Präsident, Herr Kommissar! Russland ist sicherlich für die Europäische Union ein sehr wichtiger Partner, aber – wie der Kommissar schon gesagt hat – ein sehr schwieriger Partner. Ich hoffe auf schnelle Verhandlungen. Aber so schnell, wie sich Frau Oomen-Ruijten das vorstellt, wird es leider nicht gehen. Dabei müssen wir den Dialog sowohl mit den offiziellen, gewählten Vertretern führen als auch mit denen der Zivilgesellschaft, die uns oft in Fragen der Demokratie und Menschenrechte näherstehen.

Die Idee einer Modernisierungspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und Russland ist gut. Aber Russland muss auch das Seine dazu tun. Wir brauchen mehr Demokratie, weniger Korruption. Nach wie vor hören wir von vielen Investoren Klagen über Rechtsunsicherheit, insbesondere bei den Steuern. Und vor allem brauchen wir – wie der Kommissar schon erwähnt hat – die schnelle Vorbereitung auf den WTO-Beitritt und die WTO-Mitgliedschaft. In der Energiepolitik brauchen wir das verpflichtende Bekenntnis Russlands zu den Grundsätzen einer transparenten und fairen Energiepolitik. Russland kann sehr viel selbst tun, insbesondere was die Energieeffizienz betrifft, da gibt es ja nach wie vor große Mängel.

Apropos Energie: Ich möchte ein Thema aufgreifen, das gerade seinen Nachbarn, unseren gemeinsamen Nachbarn betrifft, nämlich die Ukraine. Gerade in diesen Tagen versucht Russland wieder, die Energiefrage und die Energiepreise als politische Waffe zu verwenden. Das müssen wir strikt ablehnen! Wir bekennen uns zur Freiheit der Ukraine sich zu entscheiden, in welchen Märkten sie auftreten wollen, wo sie auch entsprechend aktiv sein wollen. Wir wollen ja Handelsbeziehungen und einen Handelsvertrag mit der Ukraine. Russland soll hier nicht die Ukraine unter Druck setzen, indem es anbietet, entweder der Zollunion mit Kasachstan und Weißrussland beizutreten oder einen hohen Energiepreis zu zahlen. Das lehnen wir ab!

Apropos Nachbarn: Wir erwarten auch von Russland, dass auch gegenüber Georgien die vertraglichen Vereinbarungen eingehalten werden und sich die Truppen wieder auf jene Gebiete zurückziehen, in denen sie vor dem Konflikt standen. Wir erhoffen auch von Russland einen positiven Beitrag zum Nagorny-Karabach-Konflikt. Dabei geht es auf beiden Seiten nicht um Waffenlieferungen, sondern um friedliche Vermittlung zwischen beiden Seiten.

Der Herr Kommissar hat es bereits erwähnt: Die Visa-Liberalisierung ist eine wichtige Frage. Gerade für die zwischenmenschlichen Beziehungen ist es wichtig, dass es hier einen möglichst freien Personenverkehr zwischen Russland und der Europäischen Union gibt. Ich hoffe, dass wir da bald zu Fortschritten kommen.

Eine entscheidende Frage wird allerdings sein, wie die nächsten Wahlen abgehalten werden. Russland soll wissen, dass die Welt und insbesondere die demokratische Welt in Europa genau beobachten wird, wie diese Wahlen abgewickelt werden, ob die Registrierung von Parteien korrekt und fair vor sich geht oder ob hier gewisse Personen oder gewisse Parteien von vorneherein ausgeschaltet werden. Das sollte man Russland gerade auch beim Gipfel klar sagen. Wir wollen faire und korrekte Wahlen auch in Russland haben!

Russland hat noch viel zu tun, um wirtschaftlich aufzuholen. Aber Russland ist reif genug für die Demokratie. Wir wollen die Demokratie in Russland sehen, genauso wie die Bürger in Russland das selbst wollen. Das ist unser Wunsch und unsere Vorstellung. Russland soll sich bewusst sein, Demokratie ist auch etwas Gutes für Russland!

08.06.2011