Politische Lage in Rumänien – 12.09.2012

Herr Präsident! Ich habe unmittelbar nach der Intervention der Kommission – oder eigentlich schon vor der Intervention der Kommission – gesagt, ich werde mich strikt an das halten, was die Kommission feststellt. Ich habe so etwas von Ihnen, Herr Kollege Weber, oder vom Kollegen Daul im Falle Ungarn nie gehört. Derselbe Orbán, der nach wie vor Vizepräsident Ihrer Partei ist, hat sich natürlich auf die Seite Băsescus geschlagen und von außen auch Einfluss genommen auf die Entscheidung des Volkes von Rumänien, oder er hat es zumindest versucht.

Frau Vizepräsidentin, ich schätze Sie sehr in vielen Fragen. Aber leider haben Sie auch heute wieder durch Ihre Bemerkungen die Objektivität der Kommission in Frage gestellt. Das finde ich bedauerlich. Sie haben mehrmals – nicht heute – von einem parlamentarischen Staatsstreich gesprochen. Das ist an und für sich schon ein Widerspruch. Aber es ist kein Staatsstreich. In Litauen wurde ein Präsident abgesetzt, der vom Volk gewählt wird, nur vom Parlament und ohne ein Referendum. Hier hat es schon einmal im Falle Rumäniens ein Referendum gegeben, und damals hat man nicht von einem Staatsstreich gesprochen. Jetzt spricht man von einem Staatsstreich.

Sie wissen genau, Kollege Weber: Die 50 % hat Băsescu, weil er schon gewusst hat, was auf ihn zukommen kann, erst knapp vor dem Referendum eingeführt, eigentlich auch schon im Verfahren. Ich bin dagegen, dass man das macht. Aber ich hatte es doch vor dem Referendum klar gesagt, dass man sich danach auch an die 50% halten muss. Ich bin sehr froh, dass sich die Regierung daran gehalten hat und das geändert worden ist. Denn Ponta hält, was er versprochen hat. Aber hier von einem Staatsstreich zu sprechen, ist ein Skandal. Das ist nicht richtig. Und, Frau Vizepräsidentin und Herr Weber, warum habt Ihr denn in all den Monaten zuvor, als Băsescu und seine Leute mit Notdekreten regiert haben, nichts gesagt? Das war alles okay, was Herr Băsescu mit Notverordnungen gemacht hat, denn die sind ja nicht neu. Da habe ich auch von der Kommission nichts gehört. Plötzlich kommen Sie daher und sagen, das ist ein Skandal. Aber wenn es Herr Băsescu oder seine Leute gemacht haben, dann war das kein Skandal. Das ist nicht objektiv. Und ich verlange Objektivität.

Es ist ja schon interessant: Herr Băsescu ist mit 5,3 Millionen Stimmen gewählt worden. 7,4 Millionen haben ihn jetzt abgelehnt. Das ist interessant. Ist es nicht Aufgabe eines Staatspräsidenten, dafür zu sorgen, dass die Menschen zusammenkommen, dass sie sich verstehen? Aber dieser Staatspräsident handelt nicht danach. Ich würde mir wünschen – da schließe ich mich Ihnen an, Frau Vizepräsidentin –, dass alle Seiten ihren Beitrag dazu leisten. Ich vermisse aber den Beitrag des Herrn Băsescu. Denn 7,4 Millionen bedeutet, dass 2 Millionen mehr, als ihn gewählt haben, jetzt versucht haben, ihn abzuwählen. Das müssen Sie einmal zur Kenntnis nehmen, wie populär, wie effektiv ein Präsident ist, wenn eigentlich die Mehrheit der Bevölkerung für seine Absetzung stimmt, außer denen, die das Referendum boykottiert haben, denn das war seine einzige Chance, der Boykott, den er und Orbán vertreten haben, war die einzige Chance des Überlebens. Mir geht es nicht darum, ob es richtig oder falsch ist. Mir geht es nur darum zur Kenntnis zu nehmen, dass hier ein Mann seine Aufgabe als Präsident des Landes nicht erfüllt hat. Das haben viele in Rumänien so gesehen, und das sehen auch heute noch viele so. Und eigentlich sehe ich als Sozialdemokrat das auch so, dass Băsescu seine Aufgabe, die Menschen zusammenzubringen, nicht erfüllt hat, und dass wir das auch zu spüren bekommen.