Rede zu Bulgarien und Rumänien: Fortschritte auf dem Weg zum Beitritt

Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um bei der Fußballsprache zu bleiben, die Kollege Lagendijk verwendet hat, kann man sagen, dass die Kommission den beiden Ländern Rumänien und Bulgarien die gelbe Karte gezeigt hat, was aber durchaus nicht ausschließt, dass die beiden Mannschaften Rumänien und Bulgarien so gut und fair spielen, dass es doch noch möglich ist, 2007 den Beitritt zu vollziehen. Die Kommission hat ja mit Recht darauf hingewiesen, dass in zahlreichen Bereichen Fortschritte erzielt wurden, aber etliche Fragen noch offen sind.
Was Rumänien betrifft, so hoffe ich im Anschluss an das, was Herr Kollege Wiersma gesagt hat, dass die politische Debatte im Land mehr in Richtung einer gemeinsamen europäischen Position geht und nicht versucht wird, das Land zu spalten. Opposition, Regierung und der Präsident des Landes sollten hier an einem Strang ziehen. Was Bulgarien betrifft, so bin ich überzeugt, dass das, was versäumt wurde, in der Phase der Regierungsbildung nachgeholt wird. Einiges ist schon geschehen und einiges muss noch geschehen.
Es ist ganz klar, dass wir mit Sorgfalt beobachten werden, was die beiden Regierungen und die beiden Länder tun, um die offenen Mängel noch zu beheben. Dazu gehören das große Problem der Korruption, aber auch die Frage der Situation der Roma-Bevölkerung, die ebenfalls schon angeschnitten wurde. Mit dieser Frage haben wir uns nicht nur in diesem Parlament immer wieder beschäftigt – und ich habe hier auch Fortschritte gesehen -, hier bestehen natürlich auch Ängste, dass nicht Sicherheit in diese Länder exportiert wird, sondern Probleme importiert werden, wenn nicht mit großen Schritten vorgegangen wird, um dieser benachteiligten Bevölkerungsgruppe im Lande selbst zu helfen.
All das wird man beobachten müssen, um dann 2007 oder 2008 letztendlich eine Entscheidung zu treffen, auch unter Berücksichtigung des Wohlergehens dieser Länder, denn es geht ja auch darum, diesen Ländern zu helfen, die richtigen Schritte zu setzen. Ich möchte Sie, Herr Kommissar, einladen, in den nächsten Monaten gemeinsam mit diesem Parlament nicht nur in den Ländern selbst aktiv zu werden, sondern auch die Frage der Erweiterung im Allgemeinen innerhalb der Europäischen Union stärker zu thematisieren.
Natürlich besteht eine gewisse Erweiterungsmüdigkeit. Dies ist nach den vorangegangenen Debatten und Enttäuschungen auch nicht verwunderlich, aber wir dürfen der Müdigkeit nicht einfach nachgeben und sagen, das interessiert uns nicht. Es geht in dieser Debatte darum, die Menschen davon zu überzeugen, wie wichtig diese Erweiterung ist. Ich würde mir von der Kommission wünschen, dass sie bei dieser Gelegenheit eine Beurteilung der Erweiterung 2004 abgibt, denn – auch wenn heute schon gesagt wurde, dass sie uns bis an die Grenze des Machbaren gebracht hat – ich bin davon überzeugt, dass dieser Erweiterungsschritt 2004 sehr positiv verlaufen ist. Nicht, dass es keine Probleme gäbe, aber in Wirklichkeit hat er die Europäische Union gestärkt, wenn wir ihn gemeinsam verarbeiten. Auch das müssen wir diskutieren.
Natürlich erwarten wir von den neuen Mitgliedsländern auch ein starkes europapolitisches Engagement. Wenn der neu gewählte Präsident von Polen jetzt meint, seine ersten beiden Reisen müssten in die USA und in den Vatikan gehen, dann muss ich das akzeptieren. Ich mische mich sicherlich nicht in das Reiseprogramm des polnischen Präsidenten ein. Nur darf man sich nicht wundern, wenn sich manche fragen: Ist nicht Europa wichtiger und die Einheit, der Polen beigetreten ist?
Heute früh haben wir eine Debatte über die sozialen Standards und die sozialen Modelle in Europa geführt, und in diesem Zusammenhang bestehen Ängste, dass die Standards, die wir mühsam errungen haben, einfach durchbrochen werden. Es geht sicherlich nicht – und meine Fraktion stimmt mir darin vorbehaltlos zu -, dass wir uns jetzt im Erweiterungsprozess, im Integrationsprozess neuerlich abschotten und sozusagen die Arbeitnehmer, das Kapitel oder die Interessen unserer Nachbarn außen vor lassen. Wir müssen den Übergangsprozess vernünftig gestalten und soweit möglich versuchen, gemeinsam einen neuen sozialen Standard zu entwickeln und nicht dem Sozialdumping Tür und Tor zu öffnen.
Unter der Voraussetzung, dass es uns gelingt, die eigene Bevölkerung zu überzeugen, wie wichtig diese Erweiterung der Europäischen Union ist, hoffe ich, dass wir im kommenden Frühjahr zu einer guten Entscheidung kommen und dass es möglich ist, 2007 als Termin für die Erweiterung zu beschließen.