Rede zum 6. Jahresbericht 2008 über die GASP

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EP Straßburg

Herr Präsident, Frau Ashton als Vizepräsidentin der Kommission, aber auch als Hohe Vertreterin – denn im Unterschied zu den Außenministern gehe ich davon aus, dass Sie diesem Haus gegenüber als Hohe Vertreterin auch eine gewisse politische Verantwortung haben! Heute sind es hundert Tage, dass der Vertrag von Lissabon in Kraft ist. Zwei wesentliche Weichenstellungen stehen bevor: Die eine ist – wie Sie auch am Anfang gesagt haben –, die Außenpolitik zu erweitern, weil Klima, Energie und andere Angelegenheiten Teil der Außenpolitik sind, und die andere, einen tatkräftigen, effektiven Auswärtigen Dienst zu schaffen.

Kopenhagen – wenn wir schon von der Energiepolitik reden – hat gezeigt, dass wir, wenn wir uneinig und zersplittert sind, wenn jeder Regierungschef glaubt, er müsse sich da besonders produzieren, noch weniger erreichen, als wir sonst erreichen würden. Nicht dass wir angesichts der Haltung von China und den USA ein tolles Ergebnis gehabt hätten, aber das schlechte Schauspiel, das wir in Kopenhagen geliefert haben, sollte eigentlich das letzte Mal der Fall gewesen sein.

Wir müssen daher – und da schließe ich mich dem Kollegen Brok an – einen tragfähigen Auswärtigen Dienst schaffen. Ich – und das gilt für viele von uns – bin zwar nicht überrascht, aber dennoch entsetzt, wie Ihnen manche Außenminister aus Eifersüchtelei Schwierigkeiten machen. Wir sagen das ganz offen! Manche unterstützen Sie, manche machen Schwierigkeiten. Die können es halt nicht ertragen, dass sie nicht mehr die tragende Rolle spielen, sondern Außenminister sind. Es ist ja auch nicht schlecht, Außenminister zu sein, man muss ja deswegen nicht genau all das bestimmen, was in der Europäischen Union geschieht. Daher sagen wir auch klar von dieser Position aus: Wir werden unsere parlamentarischen Möglichkeiten voll ausschöpfen, nicht um etwas zu verhindern, sondern um etwas Konstruktives aufzubauen. Konstruktiv ist ein Auswärtiger Dienst, der – so wie es auch im Vertrag von Lissabon steht – auch Ihnen, Frau Ashton, klar unterstellt ist, und ein Auswärtiger Dienst, der natürlich mit der Kommission eng zusammenarbeitet.

Wir werden auch nicht dulden, dass etwas, was bisher rechtlich vergemeinschaftet war und auch nach dem Vertrag von Lissabon vergemeinschaftet bleibt, plötzlich intergouvernemental wird. Denn das ist ja die Idee mancher Minister und vielleicht auch mancher Regierungschefs, nicht nur die Kommission ein bisschen auszuhöhlen, sondern auch das Gemeinschaftsrecht auszuhöhlen. Und das ist nicht akzeptabel, da muss eine klare Trennlinie gezogen werden.

Wie sich das jetzt beim Auswärtigen Dienst verhält, darüber wird es in den nächsten Wochen Diskussionen geben – nach wie vor. Damit schließe ich ebenfalls an bereits Gesagtes an. Es ist keine Frage des Zeitpunkts, auch wenn wir rasch eine Lösung haben wollen, sondern der inhaltlichen Vorstellung. Und nochmals sei es gesagt, insbesondere dem Rat der Außenminister: Dieses Parlament wird seine Rechte – nicht mehr, aber auch nicht weniger – nutzen, beim Haushalt und beim Beamtenstatut, weil wir ein Ziel haben, und das ist ein effektiver, effizienter Auswärtiger Dienst. (Beifall)

Straßburg, 10.3.2010