Rede zum Ausgang des Verfahrens gegen Leyla Zana und andere in Ankara

Herr Präsident, Herr Kommissar, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind zutiefst enttäuscht über die Entscheidung betreffend Leyla Zana. Auch ich stimme keineswegs mit all den Anschauungen Leyla Zanas überein. Wenn ich hier einen jüngsten Brief habe, den sie unter anderem auch an Javier Solana und an Romano Prodi gerichtet hat, dann ist ihre Beurteilung von Öcalan und von Nachfolgeorganisationen der PKK vielleicht etwas naiv oder etwas über- oder untertrieben – je nachdem, wie man das sagen will. Aber all dies sind – wie das bereits gesagt wurde – keine Gründe, jemand für viele Jahre einzusperren und trotz der Entscheidungen europäischer Gerichtshöfe die Strafe zu bestätigen. Ich glaube, dass es zeigt – und da gebe ich dem Kommissar völlig Recht -, dass es nach wie vor eine große Diskrepanz zwischen den Entscheidungen über Reformen, die im Parlament herbeigeführt wurden, und deren Durchsetzung gibt.Das ist jetzt keine Kritik an der Regierung, denn die Regierung hat aus meiner Sicht, soweit es möglich war, durchaus ein Interesse geäußert, dass es bei Leyla Zana zu einer anderen Entscheidung kommt. Aber es muss doch von uns auch der Auftrag oder die Bitte, das dringende Ersuchen an die Regierung gehen, wirklich ihre volle Kraft in die Durchsetzung der Reformen, insbesondere auch im Justizbereich, zu setzen. Denn ich sehe ein großes Problem, wenn die Regierung positive Dinge vorschlägt, wenn das Parlament positive Dinge beschließt, es aber für die Durchsetzung sowohl in der Verwaltung als auch im Gerichtshof keine entsprechenden demokratischen Usancen gibt. Das wird auch dieser Regierung und der Türkei insgesamt bei den Entscheidungen im Dezember sicherlich angelastet werden, dass es nicht genügend Umsetzung und nicht genügend Kraft gibt, Verwaltung und Justiz auf ein modernes europäisches Niveau zu bringen.