Rede zum Ergebnis des Gipfels vom 7. Mai 2010 und der ECOFIN

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-108

Straßburg

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Wortmann-Kool irrt in zweifacher Hinsicht: Erstens wollen wir ja gar nicht, dass der Hof von Herrn Daul brennt. Wir wollen überhaupt nicht, dass ein Hof brennt, wir wollen Vorsorge betreiben, das ist die Zielrichtung.

Zweitens unterstützen wir sehr wohl die Maßnahmen, die Herr Rehn vorgeschlagen hat, sie sind nur in manchem zu kurz gegriffen, genau in diesem Sinn, denn die meisten Maßnahmen werden erst vorgeschlagen, wenn der Hof von Herrn Daul bereits brennt. Sie sagen zu Recht auch in einigen Punkten, dass wir verhindern müssen, dass er überhaupt brennt, und das ist das Entscheidende, worauf ich zu sprechen kommen möchte. Denn wenn Herr López Garrido heute gesagt hat, die Entscheidungen wären zum Verzweifeln langsam zustande gekommen, dann ist es ja auch so, dass wir zum Verzweifeln langsam gemerkt haben, was sich in den letzten zehn Jahren in der Europäischen Union entwickelt hat.

Herr Rehn hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Unterschiede in Bezug auf die Wettbewerbsfähigkeit zwischen den einzelnen Euro-Ländern zu- und nicht abgenommen haben. Was Sie nicht erwähnen, Herr Rehn, und was für uns sehr wichtig ist, ist, dass die Unterschiede zwischen Arm und Reich in Europa zunehmen. Und auch wenn das für einen Verhofstadt vielleicht nach Marxismus klingt, für uns ist das eine Frage der sozialen Sicherheit und der sozialen Politik. Aber das interessiert halt einige Herren nicht.

Wie wollen Sie denn die wirtschaftlichen Maßnahmen, die strengen Budgetmaßnahmen, die Sie zu Recht vorschlagen, bei den Menschen unterbringen, wenn die Menschen merken, dieses Europa und auch die Eurozone sind durch zunehmende Unterschiede zwischen Arm und Reich gekennzeichnet. Das ist nicht akzeptabel, und deshalb gibt es auch mehr Proteste gegen die notwendigen Maßnahmen, als es geben müsste.

Deshalb unsere Forderung an die Kommission und auch an den Rat: Wir müssen sicherlich die Wettbewerbsunterschiede wieder verringern. Es muss gelingen – und da gebe ich Ihnen vollkommen Recht –, die Wettbewerbsfähigkeit auch von Ländern wie Griechenland, Spanien etc. zu erhöhen. Es geht nicht um eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen von Deutschland, Holland, Österreich oder anderen Staaten, sondern um eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen der wirtschaftlich schwächeren Länder. Das ist eine absolut richtige Strategie, doch in Ihrer Mitteilung, Herr Rehn, fehlen konkrete Maßnahmen, wie Sie das umsetzen wollen.

Sie haben heute die Arbeitsmarktreform und die Pensionssystemreform angesprochen. Das ist zwar richtig, aber es genügt doch nicht, den Arbeitsmarkt und die Pensionen zu reformieren, das geht auch wieder in Richtung Budget. Wenn wir die Infrastruktur nicht ausbauen, wenn wir nicht auch all das nutzen, was in Europa 2020 steht, auch was grüne Technologien etc. betrifft, dann wird es nicht gelingen, dieses Ziel zu erreichen. Daher bitte ich Sie zu beachten: Wettbewerbsfähigkeit und soziale Sicherheit müssen in Europa gestärkt werden!

Straßburg, 19.5.2010