Rede zum EU/Russland-Gipfel

Swoboda (PSE), im Namen der Fraktion.- Herr Präsident, Frau Kommissarin! Sie haben am Ende auf die Notwendigkeit hingewiesen, mit Russland ein gutes nachbarschaftliches und kooperatives Verhältnis aus- und aufzubauen. Das und auch all die Punkte, die Sie vorgebracht haben, möchte ich voll unterstreichen.
Dass wir noch nicht soweit sind, liegt vielleicht daran, dass die Vertrauensbasis zwischen Russland und der Europäischen Union noch nicht so ist, wie sie sein sollte. Das hängt wiederum damit zusammen, dass Russland sich von einer expandierenden Europäischen Union quasi eingekreist fühlt und jetzt auch mit der Entwicklung in der Ukraine und im Südkaukasus gewissermaßen Angst um die eigene Existenz und den eigenen Einflussbereich hat. Ich sage das nicht, um die Position Russlands zu rechtfertigen, man muss sie aber auch psychologisch sehen.
Die Europäische Union – und darum bin ich auch dankbar dafür, was Sie und der Herr Ratspräsident gesagt haben – muss ihnen erklären, dass die Demokratie in der Nachbarschaft Russlands zusammen mit dem Rechtsstaat letztendlich dazu führt, dass auch Russland stabile wirtschaftliche Verhältnisse bekommt.
Daher war es auch sehr wichtig, in der Ukraine nicht zu sagen, es gibt einen russischen Kandidaten und einen EU-Kandidaten, sondern dass es nur Kandidaten geben kann, die von der ukrainischen Bevölkerung zu ihrem Präsidenten gewählt werden. Es geht um die Durchsetzung ukrainischer Interessen, wie Sie das heute schon ein paar Mal erwähnt haben.
Auch was die Frage des Energiedialogs betrifft, ist es ganz wichtig, den russischen Gesprächspartnern auch die psychologische Situation auf unserer Seite klarzumachen. Denn wir werden nur dann ein großes Interesse an russischen Energielieferungen haben, wenn wir das Gefühl haben, dass die Energie nie als politische Waffe eingesetzt wird und dass der Hahn nicht gewissermaßen einmal aus politischen Gründen abgedreht werden kann, sondern wenn es auch auf der anderen Seite ein offenes Investitionsklima gibt. Dann wird, wie ich gerade betont habe, die Kooperation mit Russland auf dem Gebiet der Energie umso besser sein.
Zum Kampf gegen den Terrorismus: Ja, wir haben gemeinsame Interessen, nur unterschiedliche Methoden, denn ich leugne nicht, dass auch militärische oder polizeiliche Methoden notwendig sind. Aber, was wir immer wieder gerade im Zusammenhang mit Tschetschenien betont haben, es geht auch darum, die Ursachen des Terrorismus zu bekämpfen, und die sind vielfach die Armut und die schlechte wirtschaftliche Entwicklung.
Was die Frage der Menschenrechte betrifft, so bin ich sehr einverstanden mit dem Dialog. Wir haben nichts zu verbergen. Auch bei der Behandlung und der Situation der russischsprachigen Minderheiten in der Europäischen Union haben wir nichts zu verbergen, weil wir viel für diese Minderheiten getan haben und hoffentlich auch noch tun werden. Aber wir müssen auf der anderen Seite auch ein Russland finden, das zu diesem Dialog bereit ist.
Und schließlich müssen wir noch etwas ganz Wichtiges vermitteln: In meinem jüngsten Gespräch mit russischen Journalisten in Berlin wurde ich gefragt: Warum müssen wir uns vor der Europäischen Union rechtfertigen? Nein, Russland muss sich nicht vor der Europäischen Union rechtfertigen! Russland muss sich vor der eigenen Bevölkerung rechtfertigen, und Russland muss sich genau wie die Europäische Union auch vor der Weltbevölkerung insgesamt rechtfertigen. Wir alle sind den Zielsetzungen der Demokratie und des Rechtsstaates verpflichtet. Und wenn Russland sich selbst so verpflichtet fühlt wie die Europäische Union, wird es auch Russland besser gehen. Daher geht es nur darum, dass wir auch im Interesse Russlands und nicht nur im Interesse der Europäischen Union ein Verhältnis aufbauen.