Rede zum EU/Russland-Gipfel am 18. November 2009 in Stockholm

ashton25

Straßburg

Frau Präsidentin! Ja, wir müssen Russland ernst nehmen, wie Herr Kowal gesagt hat, insbesondere nach der Unterzeichnung des Vertrags von Lissabon, wobei interessant ist, dass der Staatspräsident, der sich lange geweigert hat, den Vertrag zu unterschreiben, eine besonders unkritische Haltung gegenüber Russland eingenommen hat, nämlich Václav Klaus. Russland ernst nehmen heißt, ein vernünftiges Verhältnis, ein pragmatisches Wirtschaftsverhältnis zu Russland zu entwickeln, aber nicht unkritisch zu sein gegenüber innenpolitischen Entwicklungen und vor allem auch gegenüber Menschenrechtsfragen.

Wir haben mit großem Bedauern zur Kenntnis genommen, was die letzten Wahlen gezeigt haben, dass da offensichtlich einige Dinge nicht mit rechten Dingen zugehen. Wir sind natürlich besonders betroffen über die Angriffe gegen Menschenrechtskämpfer. Diese Angriffe möchte ich nicht der russischen Regierung zuschieben. Das, was ich verlange und was wir in dieser Entschließung verlangen, die eine sehr ausgewogene ist, ist, dass Russland den Schutz dieser Menschenrechtskämpfer ernst nimmt. Das geschieht nicht, zumindest nicht in ausreichendem Maße. Da sollte man sich mehr an Präsident Medwedjew orientieren als an Ministerpräsident Putin. Die Unterschiede mögen nicht sehr groß sein, aber wenn jemand eine etwas aufgeklärtere, positive Haltung vertritt, dann ist das sicherlich Präsident Medwedjew, und wir sollten ihn darin bestärken und unterstützen.

Was die Energiefrage betrifft: Auch da gilt es, ein sehr kühles, vernünftiges Verhältnis zu finden. Ich habe nichts gegen North-Stream , ich habe auch nichts gegen South-Stream , aber ich möchte bei der Gasversorgung von niemandem, von keinem Land abhängig sein. Daher bin ich auch sehr für die Nabucco-Pipeline. Vielfältigkeit, Diversifizierung – das ist das Entscheidende bei der Gasversorgung, ob sie jetzt über eine andere Pipeline, wie Nabucco, oder über LNG-Häfen erfolgt. Und das nicht, weil das Land Russland heißt, sondern weil Europa von niemand abhängig sein sollte.

Wenn man jetzt die Ukraine ins Spiel bringt, dann würde ich mir wünschen, dass die ukrainischen Politikerinnen und Politiker ihre volle Verantwortung übernehmen und jene Investitionen durchsetzen, die mit Europa vereinbart worden sind. Ich weiß, dass Russland oft die Situation ausnützt, aber wenn die Ukraine ihre Versprechungen wahrmacht, dann wird Russland die Situation nicht ausnützen können, weil die entsprechenden Investitionen in der Ukraine getätigt worden sind.

Brüssel, 11.11.2009