Rede zur Aufhebung des EU-Embargos für Waffenlieferungen an China

Herr Präsident! Eine Debatte über die Aufhebung des Waffenembargos gegen China ist natürlich angelegt auf holzschnittartige Argumente und Diskussionen. Ich werde versuchen, ein paar Nuancen hineinzubringen, denn ich glaube, dass es sich manche Kolleginnen und Kollegen zu einfach machen. Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass ich die Aufhebung des Waffenembargos nicht für vernünftig und nicht für gescheit halte. Es ist für mich keine Frage, dass ich gegen eine Aufhebung des Waffenembargos bin.
Allerdings müssen wir China schon etwas differenzierter betrachten als nur unter den Gesichtspunkten, die wir bisher betrachtet haben, wobei ich ausnahmsweise dem Kollegen Tannock näher bin als anderen Kollegen, die heute gesprochen haben. China ist ein großes, sagen wir es offen, kapitalistisches Wirtschaftssystem mit einem darüber gestülpten Einparteiensystem. Es ist dabei, zu versuchen, für seine Bevölkerung zu erreichen, dass sie an dem Wohlstand, der sich in der Welt entwickelt, teilnehmen kann. Dabei besteht die größte Gefahr bei der Frage, ob China es schafft, die politische Struktur eines gemeinsamen Staates zu halten und die sozialen Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Denn das größte Problem für China sind nicht die Waffen, sondern der steigende Hunger und die Armut in Teilen der Bevölkerung. China hat sicherlich das große Problem, dass es verschiedene Kulturen, Sprachen und Ethnien im Land gibt, und es hat es bisher nicht geschafft – übrigens nicht nur China nicht -, diesen verschiedenen Kulturen und Ethnien den Raum zu geben, der Voraussetzung dafür ist, die politische Einheit des Landes zu halten.
Deshalb braucht China nicht unsere Waffen, sehr wohl aber unsere Sympathien und unsere Unterstützung für diesen schwierigen Entwicklungsprozess. Ich möchte niemandem aus diesem Hause wünschen, dass er ein wesentlich Verantwortlicher in diesem schwierigen großen Staat China ist. Auch deshalb, denke ich, geht die Entschließung etwas in die Irre, wenn sie die Frage Taiwan nur unter dem, zugegebenermaßen richtigen, Aspekt behandelt, dass China kein Bedrohungsszenario entwickeln soll. Ich bin der Meinung, dass Präsident Bush – hier bin ich ihm näher als Daniel Cohn-Bendit, sonst nicht – Recht hat, wenn er auch Taiwan davor warnt, unvernünftige Schritte zu tun. Ich rede gar nicht davon, ob sie berechtigt sind, moralisch gerechtfertigt oder nicht. Es gibt in Zeiten einer krisenhaften Entwicklung auch Schritte, die vielleicht objektiv und abstrakt gesehen gerechtfertigt sind, aber dennoch dazu beitragen können, eine kriegerische oder krisenhafte Entwicklung zu fördern.
Von diesem Parlament aus sollten wir nicht nur eine Seite davor warnen, unilaterale und gefährliche Schritte zu unternehmen, sondern auch der anderen Seite sagen: "Seid vernünftig, haltet Euch zurück! Versucht den Weg zu einer friedlichen Einigung offen zu lassen!" Aus meiner Sicht ist das eine wichtige Botschaft, die leider in dieser Entschließung fehlt. Daher mein Schlusssatz: Nein zu einer Aufhebung des Waffenembargos. China braucht unsere volle Hilfe und Unterstützung, aber nicht auf dem Waffensektor. Beiden Teilen in diesem Krisenherd, China und Taiwan, sollten wir sagen: "Haltet Euch zurück mit Euren Schritten! Wir befinden uns in einer Zeit, in der friedliche und nicht kriegerische Lösungen gefunden werden müssen."