Rede zur Gaslieferung Russlands an die Ukraine und in die EU

Hannes Swoboda, im Namen der PSE-Fraktion – Herr Präsident! Meine Fraktion beantragt die Einsetzung eines nichtständigen Ausschusses nach Artikel 175, um viele dieser Fragen, die auch Kollege Saryusz-Wolski erwähnt hat, zu beantworten, und zwar dass wir gemeinsam mit der Kommission und natürlich dem Rat bis zur Mai-Tagung die Konsequenzen ziehen, die wir hoffentlich dann auch gemeinsam aus der Situation ziehen können.

Die Gespräche, die wir mit den Vertretern von Gazprom und von Naftogaz bzw. von Russland und der Ukraine geführt haben, bestätigen unseren Eindruck, dass beide einen Mangel an Verantwortung zeigen. Ich kann das, was Kommissar Piebalgs gesagt hat, auch nochmals klar bestätigen: Momentan sind beide nicht verantwortungsbewusst und verantwortliche Partner der Europäischen Union. Das muss auch entsprechende Konsequenzen haben.

Bei aller Unterstützung der Initiativen, die gesetzt worden sind, muss ich schon auch sagen: Dass sich die Ukraine geweigert hat, jene Messstationen zu bauen, die sie versprochen hat, wissen wir schon seit Längerem. Sie hat das Geld, das die Europäische Union zur Verfügung gestellt hat, nicht verwendet. Und wir haben nicht reagiert. Wir wissen auch schon seit mindestens zwei Monaten, dass es nicht zu der Anfang Oktober vorgesehenen Einigung bis zum 1. November gekommen ist. Ich meine, dass der 18. Dezember vielleicht ein bisschen zu spät war. Man hätte hier vonseiten der Kommission schon etwas mehr tun müssen, um für den Fall der Fälle vorbereitet zu sein, und auch den Mitgliedstaaten sagen müssen, was möglich ist. Sicherlich wurde viel Solidarität gezeigt. Aber ich hätte doch erwartet, dass man hier schon die Möglichkeit einer solchen negativen Entwicklung vorausgesehen hätte.

Aber es geht jetzt nicht um Schuldzuweisungen – das ist nicht meine Absicht -, sondern nur darum, dass wir die Konsequenzen ziehen, dass wir das nächste Mal besser vorbereitet sind bzw. – was ja viel wichtiger ist – verhindern, dass es noch einmal zu einer solchen Situation kommt.

Ich muss auch schon sagen, Herr Kommissar, wir haben uns vielleicht ein bisschen zu viel – gerade beim Gassektor, das wissen Sie ganz genau – über Liberalisierung und Markt unterhalten und viel darüber diskutiert. Das hätte uns alles nichts genützt und es nützt uns auch jetzt nichts. Wir haben immer darauf hingewiesen: Der Gassektor ist ein anderer, er ist politisch infiziert, man könnte auch sagen politisch determiniert. Und es nützt nichts, wenn wir die Gasliberalisierung zum obersten Prinzip erheben und auf der anderen Seite die Ukraine und Russland haben, die das politisch ausspielen. Da müssen wir schon einen starken gemeinsamen Gesprächsfaden haben. Das muss auch entsprechend stark zum Ausdruck gebracht werden.

Ich stimme vielem von dem zu, was hier gesagt wurde. Wir brauchen mehr Pipelines. Wir sind uns einig, dass Nabucco eine ganz wichtige Pipeline ist. Sie selbst haben auch von der Sahara-Gaspipeline gesprochen, über die wir nachdenken müssen. Das alles wird nicht so schnell funktionieren, aber die Signale müssen gesetzt werden! Wir brauchen viel mehr Interkonnektoren und Verbindungen untereinander. Nur – auch das kommt ja nicht von selbst. Sie können doch nicht glauben, dass der Markt das schafft! Das schafft er nicht, weil er kein Interesse daran hat, das zu schaffen. Das sind ja Investitionen, die nicht unmittelbar profitabel sind, sondern getätigt werden, um eine Reserve zu haben. Dasselbe gilt natürlich auch für die Gasreserven! Es ist absolut inakzeptabel, dass viele Länder entweder wenig oder keine Gasreserven haben oder sich sogar weigern, der Kommission die Gasreserven mitzuteilen. Da müssen wir gemeinsam vorgehen.

Bei aller Kritik betreffend Details: Dieses Parlament und die Kommission müssen manche Mitgliedstaaten wirklich zur Ordnung rufen und auffordern, endlich eine gemeinsame europäische Energiepolitik zu betreiben. Da stimme ich mit dem Kollegen Saryusz-Wolski überein, das haben wir auch gemeinsam gefordert. Und da haben wir vom Rat – oder besser gesagt von den Mitgliedstaaten – viel zu wenig Unterstützung bekommen. Wenn wir das wollen, dann würde ich Sie wirklich bitten, dass wir bis zum Mai, bis zu unserer letzten Sitzung, hier eine gemeinsame Strategie entwickeln. Denn es kann nicht sein, dass dieses Parlament in die Parlamentsferien oder in die Wahlen geht, ohne dass wir wirklich die Konsequenzen aus diesen tragischen Ereignissen ziehen – hoffentlich gemeinsam.