Rede zur Sitzung des Europäischen Rates (Brüssel, 22./23. März 2005)

Herr Präsident, Herr Ratspräsident, Herr Kommissionspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selten hat ein Ratsdokument – auch in diesem Haus – so positiven Anklang gefunden, und das kommt auch in unserer Entschließung zum Ausdruck. In der Tat sehe ich eine gewisse Konvergenz zwischen den Beschlüssen des Rates, den Beschlüssen und Ansichten der Kommission und der Mehrheit in diesem Haus. Es geht um ein soziales Europa im globalen Wettbewerb. Das ist deshalb zu unterstreichen, weil viele Bürgerinnen und Bürger in den vergangenen Jahren den Eindruck hatten, dass es zwar um mehr Wettbewerb geht, aber nicht um ein soziales Europa, bzw. dass das soziale Europa auf diesem Weg verloren geht. Ein Redner meinte heute, es liege an der politischen Führung in manchen Ländern, dass die Verfassung so negativ oder kritisch gesehen wird. Ich meine aber, dass es vielleicht auch daran liegt, dass viele Bürgerinnen und Bürger sich mit diesem Europa nicht identifizieren konnten, weil sie gemeint haben, dass das Soziale vernachlässigt bzw. weggelassen wird.
Was dieser Rat – und da möchte ich der luxemburgischen Ratspräsidentschaft herzlich gratulieren – mit der Reform des Stabilitätspakts erreicht hat, ist kein Aufmachen der Tore für mehr Verschuldung, sondern eine Berücksichtigung der individuellen Situation einiger Länder und eine höhere Flexibilität. Das, was zum Dienstleistungsmarkt – zugegebenermaßen in globalen Dingen – gesagt wurde, betrifft die Öffnung eines gemeinsamen Marktes, aber kein soziales Dumping, wie dies Premierminister Juncker schon das letzte Mal erwähnt hat. Das ist auch unsere Linie. Ich freue mich – auch über das, was Kollegin Grossetête gesagt hat, und ich hoffe, dass das über das Datum des Referendums in Frankreich hinausgeht -, dass wir hier eine gemeinsame Linie finden, um für Europa eine Öffnung unter Berücksichtigung des sozialen Modells zu erreichen.
Was vielleicht zu wenig erwähnt wurde, ist der Pakt mit der Jugend. Es ist sehr wichtig, dass wir an unsere Jugend das Signal senden, dass ihr Europa ein Europa der Beschäftigung und ein soziales Europa sein soll. Die Rücksicht auf die sozialen Fragen schließt nicht aus, dass wir bei etlichen Reformen nach vorne gehen müssen.
Ein Punkt, den ich zum Abschluss noch erwähnen möchte, ist die Forschung und Entwicklung. Wir haben einen neuen Vorschlag für ein Forschungs- und Entwicklungsprogramm. Ich hoffe, Herr Ratspräsident, dass es Ihnen, aber vor allem Ihren Nachfolgern gelingen wird, auch genügend Geld, Initiative und Kraft in dieses Forschungsprogramm zu investieren, denn wenn wir im Wettbewerb bestehen wollen, dann müssen wir die Forschung und Entwicklung vorantreiben.
(Beifall)