Rede zur Tagung vom 15. und 16. Juni 2006 in Brüssel – Tätigkeitshalbjahr des österreichischen Vorsitzes

Ich möchte vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der verschiedenen Ministerien danken, die ungeheure Arbeit geleistet haben und wirklich sehr viel vorangebracht haben. Ich hoffe, die besten Leute können Sie nicht nur behalten, sondern auch zusätzlich engagieren.
Herr Bundeskanzler, ich habe Sie in meiner ersten Rede auf die Minderheitenfrage in Kärnten angesprochen. Das ist ein europäisches Problem. Ich bin sehr dankbar, dass Sie einen Vorschlag gemacht haben, der einen wesentlichen Schritt nach vorne bedeutet. Ich hoffe, dass er auch umgesetzt werden kann und dass letztendlich alle – auch in diesem Bundesland an der Grenze zu Slowenien – anerkennen, dass Mehrsprachigkeit und Vielfalt in Europa ein Trumpf sind und kein Nachteil.
Diese Mehrsprachigkeit und diese Vielfältigkeit, die wir in Europa haben und die wir fördern müssen, steht nicht im Gegensatz dazu, dass die Verfassung und der Verfassungsprozess vorangetrieben werden müssen. Ich bin sehr froh, dass es auch ein klares Bekenntnis dazu gibt. Ich trete für die Erweiterung ein, aber wenn wir weitere Erweiterungsschritte unternehmen wollen und wenn einige heute schon so tun, als ob die Ukraine in den nächsten Jahren Mitglied in der Europäischen Union sein wird, dann muss auch dafür gesorgt werden, dass Europa erweiterungsfähig wird. Gerade diejenigen, die dies wollen, müssen sich darum kümmern, dass wir einen Verfassungsprozess bekommen, der auch eine klare Stärkung der Europäischen Union mit sich bringt. Denn dieser Verfassungsprozess ist kein Hindernis, sondern eine Voraussetzung dafür, dass es zu weiteren Erweiterungsschritten kommt.
Ich möchte noch ein Wort zur Türkei und zu Kroatien sagen. Ich bin sehr froh, dass wir mit den Verhandlungen begonnen haben. Bei Kroatien war das auch längst überfällig, aber was die Türkei betrifft, möchte ich als einer, der immer dafür eingetreten ist, die Verhandlungen mit der Türkei zu beginnen, auch ein klares Wort sagen. Wie Kollege Schulz schon zum Ausdruck gebracht hat: Wir erwarten von der Türkei, dass sie alle Verpflichtungen, die sie übernommen hat, auch wirklich umsetzt, inklusive der Anerkennung Zyperns und inklusive der Öffnung der Häfen und der Flughäfen.
Natürlich bin ich auch dafür, dass die griechisch-zyprische Regierung, also die Regierung von Zypern, alles unternimmt, um der türkischsprachigen Bevölkerung den Weg in einen gemeinsamen Staat und damit in die Europäische Union möglich zu machen. Wenn beide Seiten, die Regierung in Nikosia und die Regierung in Ankara, wirklich wollen, dass es einen Fortschritt gibt, dann kann es ihn geben. Aber unbeschadet dessen muss die Türkei all das umsetzen, was sie an Verpflichtungen übernommen hat, und manche Äußerung von Erdogan wäre besser unterlassen geblieben. (Beifall)