Rede zur Vorbereitung des Europäischen Rates (8./9. März 2007)

Herr Präsident! Schon mehrmals ist die Verfassung erwähnt worden. Die Verfassung hat vorgesehen, dass Europa energiepolitisch eine stärkere Kompetenz bekommt. Nun, wir haben die Verfassung noch nicht, daher müssen wir uns auf andere Weise darum bemühen, diese stärkere energiepolitische Kompetenz zu bekommen, insbesondere – und Minister Gloser hat das auch erwähnt – auf der außenpolitischen Seite.

Wie sollen wir denn mit Russland zu einem vernünftigen, gleichgewichtigen Verhältnis kommen, wenn die Europäische Union hier nicht mit einer stärkeren, einheitlichen Stimme spricht? Russland wäre es viel lieber, mit den einzelnen Ländern zu verhandeln und sie gegeneinander auszuspielen. Aber unsere Forderung – gerade auch für den Gipfel – besteht darin, klarzumachen, dass es in diesem Verhältnis zu Russland nur eine europäische Stimme gibt. Und wenn Russland sich beschwert, dass es nicht vollen Zugang zum Markt hat, was sollen dann wir von europäischer Seite erst machen? Daher ist ein gleichgewichtiges Verhältnis mit Russland wichtig.

Zweitens: Wir müssen diversifizieren. Wir müssen an andere Quellen herankommen. Wo? Insbesondere im Kaukasus und in Mittelasien. Wenn man sieht, wie die Vereinigten Staaten von Amerika – bei all ihrem Bekenntnis zum Markt – durchgesetzt haben, eine Öl-Pipeline von Baku über Tiflis nach Ceyhan in der Türkei zu bauen – wobei dies als ein wichtiges politisches Projekt galt und die privaten Investoren entsprechend dazu motiviert wurden -; wenn ich dann sehe, wie schwach und wie schwierig sich das in der Europäischen Union gestaltet – man nehme nur die Nabucco-Pipeline für die Gasversorgung Europas als Beispiel, dann ist auch hier zu fordern, dass diese Europäische Union wirklich stark auftritt und mit einer Stimme spricht. Viele dieser Punkte hat Robert Goebbels schon erwähnt. Daher bitte ich wirklich, all dies bei diesem Gipfel klarzumachen.

Wenn wir der Meinung sind, wir müssen diversifizieren, wenn wir der Meinung sind, wir brauchen neue, zusätzliche Leitungen, dann müssen wir das klar und deutlich sagen. Dann wird auch Russland kommen und versuchen, sich zu beteiligen oder mit uns ins Geschäft zu kommen. Wenn wir auf den internationalen Märkten nicht klar und deutlich als Europa auftreten, werden wir nicht das tun können, was wir für unsere Leute tun müssen, nämlich für eine Sicherheit der Energieversorgung in Europa zu sorgen.