Rede zur Vorstellung des Kollegiums der Mitglieder der Kommission und Erklärung über die Rahmenvereinbarung über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und der Kommission

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-039

Straßburg

Herr Präsident! Herr Kommissionspräsident, Sie haben sicher eine Kommission mit Stärken und mit Schwächen. Ich möchte mich auf die Stärken konzentrieren.

Wir haben ein außenpolitisches Team, das nicht so leicht irgendwo wieder zu finden ist, außenpolitisch und auch entwicklungspolitisch. Herr Kollege Szájer, Sie können doch nicht leugnen, dass wir jetzt ein besseres Team haben, als wir es bei der ursprünglichen Anhörung der ersten Kandidatin aus Bulgarien hatten. Ich bin fest davon überzeugt, dass Catherine Ashton dieses Team auch gut koordinieren wird.

Es wird immer wieder von der einen Telefonnummer gesprochen, die Henry Kissinger angeblich gefordert hat. Wir haben vielleicht nicht diese eine Telefonnummer, aber wenn Sie das mit den Vereinigten Staaten von Amerika vergleichen – z. B. beim Klimaschutz – wen sollen wir anrufen? Obama oder den Senat, der sich bisher geweigert hat, eine Lösung zu finden? Und bei der Frage der Abrüstung – Obama, der für die Abrüstung ist, oder den Senat, der keine Lösungen gebracht hat? Machen wir uns doch nicht selbst immer schlechter, als wir sind! Wir haben die Chance, uns jetzt gut zu präsentieren!

(Beifall)

Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so haben wir ein starkes Team. Ich hoffe und bin davon überzeugt, dass die Kolleginnen und Kollegen aus der Kommission, die sich in den Anhörungen nicht so stark gezeigt haben, diese Stärke auch noch entwickeln werden. Und sozialpolitisch haben wir einen Kommissar, der die Dinge ernst nimmt, einen Kommissionspräsidenten, der uns fest zugesagt hat, das Soziale und das Sozialpolitische auch in den Vordergrund zu rücken. Wir zählen darauf! Wir zählen nicht nur darauf, wir werden auch darauf dringen, dass das Wirklichkeit wird.

Im Rahmenabkommen haben wir einiges miteinander gelöst. Wir haben manchmal gestritten, aber wir haben uns zusammengerauft. Es ist ein sehr gutes Abkommen, wenn wir es ernst nehmen – Sie von der Kommission und wir vom Europäischen Parlament! Und wenn wir den Rat dazu bekommen, dass er die dort enthaltenen Grundsätze der Transparenz auch ernst nimmt, dann können wir wirklich etwas Großartiges leisten.

Durch den Vertrag von Lissabon und durch das Rahmenabkommen ist vom Anfang des Gesetzgebungsprozesses bis zu dessen Ende, bis zur Umsetzung, in einem Ausmaß Transparenz gegeben, wie es vielleicht in vielen nationalen Parlamenten nicht gegeben ist. Daher die Forderung an die Kommission und an den Rat, das ernst zu nehmen.

Bei SWIFT ist die Transparenz nicht ernst genommen worden – weder von der Kommission noch vom Rat. Wir haben jetzt ein Kommissionsmitglied, das für den Rat verantwortlich war. Das ist eine Vorgangsweise, die wir uns in diesem Parlament nicht mehr gefallen lassen können. Es ist nun nicht etwa zu diesem Schlamassel gekommen, weil das Parlament halsstarrig wäre, sondern weil schon im Übergang, wo bereits klar war, dass dieses Parlament mehr zu sagen haben wird, Rat und Kommission – vor allem der Rat – es nicht verstanden haben, das Parlament zu beteiligen. Das ist das Entscheidende. Da haben wir, Herr Kommissionspräsident, mit den legislativen Entschließungen und mit der Verpflichtung der Kommission zu antworten –, entweder mit einem eigenen Gesetzesentwurf oder mit einer klaren Erklärung, warum die Kommission nicht handelt – auch einen wesentlichen Fortschritt gemacht. Tun wir doch nicht so, als ob in den nationalen Parlamenten immer das Initiativrecht des Parlaments so groß wäre. Im Wesentlichen sind sie doch von den Regierungen dominiert, und was die Regierung vorschlägt, wird in den Parlamenten oft nachvollzogen. Hier ist es nicht so. Was die Kommission vorschlägt, ist für uns noch nicht Gesetz, sondern wir arbeiten daran, auch unsere eigenen Vorstellungen einzubringen.

Nehmen wir diese Chance wahr, mit der neuen Kommission, mit einem neuen Vertrag und einem neuen Rahmenabkommen! Seien wir als Parlament der Kommission gegenüber selbstbewusst!

Straßburg, 9.2.2010