Tätigkeitsprogramm des zypriotischen Ratsvorsitzes

swoHerr Präsident! Nur eine kurze Bemerkung zum Kollegen Daul: Ich würde mich freuen, wenn Sie gegenüber Ungarn nur halb so kritisch wären, wie Sie gegenüber Rumänien sind. Aber was die Verletzung europäischer Rechte betrifft, sind wir unabhängig von jedem Land auf der Seite des europäischen Rechts und der europäischen Werte.

Herr Präsident, ich darf Sie hier herzlich begrüßen mit Ihrem Europaminister, der die Sache sicherlich sehr gut machen wird, weil er das richtige Engagement mitbringt. Die Präsidentschaft wird keine leichte Präsidentschaft sein, das können wir Ihnen nicht versprechen. Wir können Ihnen versprechen, dass wir mithelfen werden, die Probleme zu lösen, aber eine leichte Präsidentschaft wird es nicht sein. Die Wirtschaftskrise wird bleiben. Die Bankenkrise ist nach wie vor stark da.

Ich bin dem Präsidenten der Kommission sehr dankbar, dass er klargemacht hat, dass es bei der Etablierung der neuen Bankenaufsicht eine volle Mitsprache des Europäischen Parlaments geben soll, die wir ja schon seit langer Zeit gefordert haben. Natürlich braucht es besondere Regeln für die Eurozone. Wir dürfen aber nicht vergessen – und Zypern ist ein Beispiel –, auch wenn man nicht in der Eurozone ist, – bei Griechenland und bei Rumänien kann man das sehen – kann es trotzdem zu massiven Auswirkungen schädlicher Natur kommen. Und die Vorfälle bei der Barclays Bank zeigen, nach wie vor gibt es viele Banker, die mit dem Geld der anderen spekulieren, und nach wie vor gibt es viele Banker, die glauben, sie können den Markt manipulieren, und man kommt nicht drauf. Das muss aufhören! Wir brauchen eine effiziente Bankenaufsicht in Europa, und das muss ebenso wie eine stärkere Transparenz aller Banken in den nächsten Monaten hergestellt werden.

In diesem Zusammenhang, Herr Präsident, natürlich auch ein Wort zur Finanztransaktionssteuer. Wir haben vor kurzem den Bericht von Anni Podimata in diesem Parlament mit großer Mehrheit angenommen. Ich weiß, dass es in Ihrem Land Skepsis gibt, aber es ist absolut notwendig, dass wir zur Finanztransaktionssteuer kommen. Nicht, dass sie alle Probleme lösen wird. Aber, Herr Präsident, Sie haben davon gesprochen, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lasten gerechter zu verteilen sind. Die Finanztransaktionssteuer ist ein kleiner, aber nicht unbedeutender Beitrag dazu, dass wirtschaftliche Lasten auch gerechter verteilt werden, dass auch der Finanzsektor seinen Beitrag zur Krisenbewältigung leistet. Das, glaube ich, ist absolut notwendig.

Ich möchte zum Budget kommen. Der Kollege Daul hat gemeint, es gibt ein Weihnachtsgeschenk. Ich hoffe, er hat recht, und ich hoffe, dass es ein Geschenk ist und dass nicht nur mit einem schlechten Kompromiss Weihnachten gefeiert wird. Es gibt die Freunde des Better spending und es gibt die Freunde der Kohäsion. Wenn die Freunde des Better spending meinen, sie müssten Less spending und drastische Kürzungen im Budget durchsetzen, dann haben sie uns nicht auf ihrer Seite. Herr Cameron ist dieser Meinung. Sie versuchen das ja schon mit großem Erfolg in Großbritannien, man sieht ja die große Zustimmung der Bevölkerung.

Wenn die Freunde der Kohäsion meinen, man müsse einfach mehr Geld ausgeben und die Sache ist erledigt, haben sie uns auch nicht auf ihrer Seite. Wir als sozialdemokratische Fraktion – ich glaube, das ist die Mehrheit in diesem Haus – wollen, dass wir ein Budget haben, das leistungsfähig ist, das die Aufgaben erfüllen kann, das zum Wachstum beiträgt – das ist absolut wichtig – und das natürlich auch zur Produktivität und zur Wettbewerbsfähigkeit beiträgt. Aber man kann nicht gleichzeitig kürzen und sagen: Macht mehr für das Wachstum, und kürzt die Mittel, außer den Mitteln, die man gerade braucht! Wenn Herr Cameron in seinem Wahlkreis und seinem Nachbarwahlkreis eine große Institution braucht, dann will er sie natürlich finanziert haben, aber wenn es darum geht, in den Kohäsionsgebieten, wo wir wirklich etwas zu leisten haben, wo wir mithelfen müssen, damit Wachstum zustande kommt, ob das jetzt – der Präsident hat das in seiner Rede erwähnt – in Polen ist oder in Litauen oder in anderen Ländern, dann wollen wir plötzlich die großen Kürzungen machen. Da sagen wir Nein! Das ist nicht angebracht! Wir können nicht sagen, wir brauchen mehr Investitionen, mehr Wachstum, mehr Beschäftigung, aber dann richten wir unser Augenmerk auf Kürzung der finanziellen Mittel.

Ich bin sehr froh, dass es in Frankreich eine Bewegung weg von dieser simplen Kürzungsmethode gegeben hat. Ich bin sehr froh, dass Frau Merkel in Deutschland anerkennt, auch nach Gesprächen mit der SPD, dass das Budget doch eine gewisse Größe haben soll, um auch einen Beitrag zu Wachstum und Entwicklung zu leisten. In diesem Sinn würde ich mir natürlich so wie der Kollege Daul ein Weihnachtsgeschenk wünschen, nicht für uns, nicht für das Parlament, nicht für den Rat, nicht für die Kommission, sondern für die europäische Bevölkerung, die das dringend notwendig hat.

Wir kommen mit der zypriotischen Präsidentschaft nahe an eine Region, die nach wie vor von einer großen Krise betroffen ist – wir kommen ihr nie so nahe wie mit Zypern –, nämlich an die Krisenregion des Nahen Osten. Ich weiß, dass die zypriotische Regierung sehr gute Beziehungen zu den Ländern des Nahen Osten hat und das auch voll ausnutzen wird.

Die letzte Bemerkung bezieht sich auf die Türkei. Ich bedaure es zutiefst, auch als Freund der Türkei, wie sich die Türkei gegenüber der zypriotischen Präsidentschaft verhält. Die zypriotische Präsidentschaft ist die Präsidentschaft der Europäischen Union!

(Beifall)

Und wenn die Türkei die zypriotische Präsidentschaft boykottiert, boykottiert sie die Europäische Union! Wir bleiben bei der Vision eines gemeinsamen Zypern, wo die türkischen und die griechischen Zyprioten gemeinsam und friedlich miteinander leben können. Beide sind Bürger Europas! Und diese Vision wird uns auch weiter leiten!