Vorbereitungen für das Treffen des Europäischen Rates

EU_Parlament_Strassburg_Zinner-079Herr Präsident, Frau Ratspräsidentin, Herr Kommissionspräsident! Zunächst kurz zu einem Thema, das mir persönlich am Herzen liegt: natürlich Kroatien. Ich hoffe, dass es gelingen wird, einen Beschluss zu fassen, dass Kroatien jetzt wirklich in die Europäische Union aufgenommen werden kann. Die Kommission hat hier gute Arbeit geliefert – Kommissar Füle, Sie selbst, Herr Kommissionspräsident, und auch die ungarische Präsidentschaft in diesem Zusammenhang. Es wäre ein gutes und wichtiges Signal für eine problembehaftete Region wie den Balkan, wenn das Land, das seine Aufgabe gut erledigt hat, an die Reihe kommen würde. Wenn ich sage „erledigt“, heißt das nicht, dass alle Probleme gelöst sind. Wir haben gerade in Split im Zusammenhang mit der Gay Parade einige sehr unakzeptable Situationen gehabt. Wichtig ist aber, dass die Regierung sich zu den Grundfreiheiten und Grundrechten bekennt.

Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu Griechenland sagen. Herr Kommissionspräsident, Sie haben gemeint, es wird schwierig sein, den Bürgern zu erklären, wenn wir nicht zu einer Lösung z. B. bei dem Economic Governance Package kommen. Aber, Herr Kommissionspräsident, es wird auch schwierig sein, den Bürgern zu erklären, wenn wir uns nur auf Austerität konzentrieren. Sie haben von Wachstum gesprochen, Sie haben gemeint, wir brauchen etwas für das Wachstum. Aber was, Herr Kommissionspräsident? Sie können doch nicht glauben, dass nur die Austerität zum Wachstum führt, wenn wir nicht gleichzeitig alternative Angebote machen! Herr Verhofstadt hat einige Probleme genannt. Es sind ja nicht nur linke Ökonomen – gestern zum Beispiel hat es Le Monde, kein linkes Blatt, im Wirtschaftsteil ganz klar ausgedrückt: Einerseits Austerität – ja, wir brauchen gewisse Beschränkungen –, aber wir brauchen auch Wachstum und Investitionen.

Wenn man von Privatisierungen redet, Herr Kommissionspräsident, Sie wissen doch genau, Griechenland jetzt kurzfristig in eine Privatisierungswelle zu drängen, heißt wirklich, wie Kollege Bisky gesagt hat, dass die Dinge verscherbelt werden. Wir müssen Griechenland doch Zeit geben, jene Dinge, die man noch vernünftig privatisieren kann, zu einem Zeitpunkt zu privatisieren, zu dem man noch ausreichend Geld dafür bekommt.

Wir müssen zweitens sagen, dass wir auch einen Teil des Geldes investieren müssen. Wenn Sie sagen, Sie wollen Regionalmittel und Strukturfondsmittel freigeben, dann müssen wir wegkommen von der Bindung an die Kofinanzierung, weil es von Griechenland sonst ja nicht verwendet werden kann. All das sind Vorschläge, die wir von der Kommission erwarten, Herr Kommissionspräsident. Wir sind für eine sparsame Politik und für Sparen, dort wo es notwendig ist, wir sind für Restriktionen und Umstrukturierungsmaßnahmen. Aber ohne Wachstum wird es nicht gehen.

Wir werden am Ende des Tages, wenn wir weiter so verfahren, weder Griechenland retten, noch werden wir unsere Banken retten, noch werden wir unsere Steuerzahler retten, sondern wir werden ins Chaos geraten.

Deshalb, Herr Kommissionspräsident – und das gilt natürlich auch für den Rat –, brauchen wir neben den Strukturmaßnahmen auch Wachstum. Vorschläge für Wachstum und Beschäftigung sind entscheidend für die Zukunft Griechenlands und auch Europas.

Brüssel, 22.06.2011