Ausblick auf die schwedische Präsidentschaft

Wir werden auch unter der schwedischen Präsidentschaft unseren Druck in Richtung Soziales fortsetzen.
Heute besuchten wir vom Vorstand der Sozialdemokratischen Fraktion Stockholm, um mit Vertretern der schwedischen Regierung die Präsidentschaft der EU, die Schweden in der zweiten Jahreshälfte übernehmen wird, vorzubesprechen.
Keine leichte Aufgabe
Unsere Gesprächspartner waren unter anderem der Premierminister Fredrik Reinfeldt, Finanzminister Anders Borg, Europaministerin Cecilia Malmström sowie die stellvertretende Ministerpräsidentin und Energieministerin Maud Olofsson. Die Schweden sind gut vorbereitet und waren im Detail informiert. Das hat die Gespräche erleichtert. Sie sind sich auch bewusst, dass eine schwierige Präsidentschaft auf sie zukommt.
Einerseits ist unklar, wann Irland nochmals über den Vertrag von Lissabon abstimmen wird und wie die Abstimmung ausgehen wird. Damit verbunden ist die Frage, wann die neue EU-Kommission eingesetzt werden soll. Soll unmittelbar nach den Wahlen der Kommissionspräsident vom Rat vorgeschlagen und dann vom Parlament gewählt werden? Und soll dann sofort auch das Prozedere der Nominierung und der Wahl der neuen Kommission erfolgen? Oder soll man damit bis nach dem irischen Referendum warten, also bis man weiß, ob jetzt der Vertrag von Nizza oder der von Lissabon gilt?
Handlungsfähige Kommission
Ich meinte Reinfeldt gegenüber, dass jedenfalls sofort nach den Wahlen der Kommissionspräsident bestellt werden sollte. Wenn wenige Monate nach seiner Bestellung der Vertrag von Lissabon in Kraft treten sollte, dann kann ja eine formelle Neubestellung nach den Regeln des neuen Vertrags erfolgen. Angesichts der enormen Wirtschaftskrise bedarf es jedenfalls eines handlungsfähigen Kommissionspräsidenten und möglichst rasch auch einer funktionierenden Kommission.
In weiterer Folge ging es vor allem um die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und die Möglichkeiten der EU, dagegen anzukämpfen. Vor allem müssen wir durch entsprechende EU- weite Regelungen auf Gesetzesbasis und globale Vereinbarungen ein Wiederholen einer solchen Katastrophe verhindern. Finanzminister Anders Borg erklärte sich grundsätzlich mit unseren Anliegen einverstanden. Es ist zu hoffen, dass er auch den Willen und die Kraft hat, alle seine KollegInnen von der Notwendigkeit zu entschiedenem Handeln zu überzeugen.
Bessere Absicherung kollektivvertraglicher Vereinbarungen
Was nun die sozialpolitischen Anliegen betrifft, so waren die Vertreter der schwedischen Regierung nicht so handlungsbereit. Wir wünschen uns natürlich eine Neufassung der „Entsenderichtlinie“, also jenes Gesetzes, das die Arbeits- und Lohnbedingungen für die interne Arbeitsmigration klärt. Zwar sind die entsprechenden Minimalbedingungen einzuhalten, aber wir wünschen uns eine bessere Absicherung kollektivvertraglicher Vereinbarungen und damit der Rolle der Gewerkschaften. Vor allem sollten dadurch den Erkenntnissen des Europäischen Gerichtshofes eine sozialere Grundlage gegeben werden. Aber sowohl die EU-Kommission als auch die Mehrheit im Rat wollen diesen Parlamentsforderungen nicht näher treten.
Und was die Arbeitszeitrichtlinie betrifft, so hat das Parlament die für uns unakzeptablen Vorschläge blockiert. Aber wir wünsche uns natürlich eine Unterstützung des Rates bei der Durchsetzung einer vernünftigen einheitlichen Obergrenze für die wöchentliche Arbeitszeit ohne“ opt out“, also ohne nationale Ausnahmemöglichkeiten.
Druck in Richtung Soziales fortsetzen
Im Übrigen zeigt sich an diesen beiden Beispielen, dass eine starke sozialdemokratische Fraktion fähig ist, im EU-Parlament Mehrheiten zu organisieren, die das soziale Europa zum Ausdruck bringen. In beiden Fällen waren sozialdemokratische Berichterstatter tätig, die mit unermüdlicher Arbeit auch KollegInnen aus anderen Fraktionen bewegen konnten, die sozialdemokratische Fraktion bei Abstimmungen zu unterstützen – und sei es nur aus Angst davor, als unsozial abgestempelt zu werden.
Durch eine geschickte Handhabung seitens der Berichterstatter konnte ein Zweckbündnis geschnürt werden, das unseren Ideen zum Durchbruch verhalf. Und dabei war ihnen unser österreichischer Kollege im Sozialausschuss, Harald Ettl, besonders hilfreich. Und wo ich als stellvertretender Vorsitzender der Fraktion bei den internen Beratungen und im Kontakt zu KollegInnen anderer Fraktionen helfen konnte, tat ich das natürlich auch. Aber natürlich waren die Beschlüsse, die ja Gesetzeskraft haben, primär von der sozialdemokratischen Fraktion getragen, wie das schon beim Beschluss über die Dienstleistungsrichtlinie der Fall war, wo ebenfalls durch eine sozialdemokratische Berichterstatterin die Gesetzesvorlage der Kommission wesentlich abgeändert worden war. Und wir werden sicherlich auch unter der schwedischen Präsidentschaft diesen Druck in Richtung Soziales fortsetzen.

Stockholm, 3.3.2009