Ausgleich der regionalen Unterschiede

Hauptziel der EU-Regionalpolitik bleibt die Unterstützung jener Regionen, die bei einem Volkseinkommen unter 75% des EU-Sozialproduktes liegen.
Gestern hat der zuständige Kommissar Barnier dem Parlament den dritten Fortschrittsbericht über die wirtschaftliche und soziale Kohäsion vorgelegt. Es ist ein vorrangiges Ziel der Europäischen Union, die großen wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten und Regionen auszugleichen. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des EU-Budgets wird auch darauf verwendet, den wirtschaftlich schwächeren Regionen zu helfen.
Nun wissen wir auch aus der nationalen Regionalpolitik, dass wir Schwächen und Nachteile von weniger entwickelten Regionen nur sehr schwer ausgleichen können. Wirtschaftlich stärkere Regionen haben eine Anziehungskraft auf Investitionen und Arbeitskräfte, die tendenziell die Einkommens- und Beschäftigungsunterschiede erhöhen, wenngleich auch das durchschnittliche Einkommen für alle Beteilgten steigt.

Neue Disparitäten durch Erweiterung

Dennoch hat die EU-Regionalpolitik durch Finanzierungsmaßnahmen aus den verschiedenen Strukturfonds zu einem begrenzten Ausgleich der regionalen Unterschiede beigetragen. Aber durch die Erweiterung werden neue Disparitäten in der Union sichtbar. Zweifellos gab und gibt es die Ungleichgewichte auch ohne Beitritt, aber nun werden sie Probleme der Union – und dadurch gibt es auch mehr Chancen, diese regionalen Gleichgewichte abzufedern.
Da sich viele dieser Regionen in der „Nähe“ von Österreich befinden, ist es gerade für unser Land wichtig, eine ausgleichende und ausreichend finanzierte Regionalpolitik zu haben. Dabei gibt es auch klare Notwendigkeiten, die Verkehrsinfrastruktur auszubauen. Der von Kommissar Barnier vorgelegte Bericht belegt zudem, dass der Ausbau des Autobahnnetzes in der EU relativ weit fortgeschritten ist, während im Eisenbahnnetz ein großer Nachholbedarf besteht. Das gilt, wie gesagt, für die gegenwärtige EU der 15, aber auch für die erweiterte EU der 25.
Wenn der Großteil der Direktinvestitionen in die Städte Budapest, Prag und Bratislava geflossen ist, dann hängt dies sicher auch mit der regionalen Infrastruktur zusammen. Für Wien bedeutet das einerseits eine starke Konkurrenz durch unsere benachbarten Hauptstädte, andererseits bewirken diese Investitionsmagnete aber auch eine starke Sogwirkung auf den jeweiligen nationalen Arbeitsmarkt und reduzieren den Zuwanderungsdruck in Richtung Wien.

Regionalpolitik nach 2006

Der vorgelegte „Kohäsionsbericht“ beinhaltet jedoch auch Vorschläge für die neugestaltete Regionalpolitik nach 2006. Hauptziel der Regionalpolitik bleibt die Unterstützung jener Regionen, die bei einem Volkseinkommen unter 75% des EU-Sozialproduktes liegen. Durch den Beitritt der neuen Länder sinkt nun dieser Durchschnitt, so dass einige bisherige Empfängerregionen über diesen Durchschnitt zu liegen kommen und keine Hilfe mehr empfangen werden. Vorgeschlagen wird aber ein stufenweises Auslaufen der Unterstützungen für diese Regionen, um Härten zu vermeiden – wie beispielsweise im Burgenland.
Neben der besonderen Hilfe für die unterschiedlichen Regionen sowie für Staaten unter einem Niveau von 10% des durchschnittlichen Volkseinkommens (Konvergenzinstrumente) soll es auch weitere Hilfen geben, die jene Regionen unterstützen, die einen besonders starken Strukturwandel mit hoher Arbeitslosigkeit durchmachen. Aber auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die Förderung von Regionen soll gestärkt werden, ein dritter Schwerpunkt der neuen Regionalpolitik.
Während für die eigentliche Konvergenzpolitik 78% der Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, sind es für die Wettbewerbs- und Beschäftigungspolitik 18% und für grenzüberschreitende Zusammenarbeit 4%. In Summe sollen das nach den Vorschlägen der Kommission 336 Milliarden Euro in der Periode 2007 – 2013 sein. Das entspricht etwa 0,41% des gemeinsamen Bruttonationalproduktes, während das Gesamtbudget 1,14% umfasst.

Großer Nutzen für Österreich

Auf Grund des – relativen – Wohlstandes in Österreich und der guten Entwicklung von schwächeren Regionen wie beispielsweise des Burgenlands hat der Hauptteil der Regionalpolitik, die Konvergenzpolitik, eine abnehmende direkte Bedeutung. Aber diese Ausgaben haben sehr wohl eine große Auswirkung für Österreich, wenn sie in unseren Nachbarländern ausgegeben werden. Einerseits bewirkt eine positive Entwicklung in unseren Nachbarregionen einen Abbau der unangenehmen Einkommensdifferenzen. Andererseits können viele Investoren aus Österreich von den Ausgaben aus dem EU-Strukturfonds bei unseren Nachbarn profitieren.
Von den Ausgaben für Wettbewerbs- und Beschäftigungspolitik können auch einige strukturschwache Regionen Österreichs Vorteile ziehen und auch die grenzüberschreitenden Kooperationen, besonders im Rahmen der neuen Nachbarschaftsinitiativen, können vor allem für Österreich von großem Nutzen sein.
Zu erwähnen ist ausserdem, dass das insbesondere auch in Wien zur Anwendung gekommene Förderungsprogramm URBAN – integriert in die übrigen Programme – fortgeführt werden soll.
Brüssel, 19.02.2004