Besuch in Kroatien

Press Point EP President and  Prime Minister of Croatia in StrasbourgEs war ein wirklich warmer Sonntag, als ich abends in Kroatien aus Wien ankam. Nicht wenige saßen in den verschiedenen Straßencafés ohne Mantel und bei guter Stimmung. Der nächste Tag begann bewölkt, aber wurde zunehmend sonnig. Im Pressegespräch nach dem Treffen mit der Premierministerin meinte ich wir sind im Frühling des Beitrittsprozesses. Im Sommer sollte der Prozess bereits abgeschlossen und der Vertrag unter Dach und Fach sein, doch einige Journalisten, so wurde mir später berichtet, meinten ich sei optimistischer als die Premierministerin selbst gewesen.

In der Tat war sie in der Pressekonferenz steifer und unnahbarer als im Gespräch vorher, aber angesichts der Kritik an ihr und an der Regierung ist das kein Wunder. Und wahrscheinlich geschieht es vor allem in der Politik: Geschehen Fehler und kratzen Medien an der Popularität, dann werden die entsprechenden PolitikerInnen steifer und reagieren unfreundlich, was ihre Popularität weiter mindert. Dann kommen viele nicht mehr aus diesem Tief heraus, insbesondere wenn die Wahlen schon vor der Tür stehen.
Wir werden ja sehen, wie es der kroatischen Premierministerin gehen wird, aber entscheidend ist jetzt, dass die gesamte Kraft der Regierung und der Beamtenschaft auf die noch notwendigen Reformen, vor allem im Justizwesen aufgewendet wird. Diese Aussage, die ich auch schon vor etlichen Tagen gemacht habe, als die Debatte über vorgezogene Wahlen begann, hat mir einige Kritik eingebracht. Darüber hinaus, führt kein Weg vorbei, dass die Wahlen und der damit verbundene Wahlkampf, eine Beeinflussung des Termins des Verhandlungsabschlusses mit sich bringt!

Und eine solche Verzögerung halte ich nicht nur für Kroatien schlecht, sondern auch für die gesamte Region. Die Verhältnisse sind ohnedies fragil und wir brauchen klare Signale für die Länder des Balkans, dass sich Reformen lohnen. Die Beitrittsperspektive für diese Länder ist keine kurzfristige, sie muss aber erhalten bleiben.

All meine bzw. unsere Gespräche, ob mit dem Außen- und Justizminister, mit dem obersten Staatsanwalt, mit den Leitern der Korruptionsbekämpfungsbehörde oder mit den Parlamentariern haben gezeigt, dass der konkrete Wille vorhanden ist, die noch ausständigen Reformen zu leisten. Aber natürlich geht es nicht nur um Versprechungen und den guten Willen, sondern auch um die Taten, also die Umsetzung der Reformen in der Praxis. Und daran muss man hart arbeiten.

Es wäre sehr schade, würde Kroatien nicht diese Chance ergreifen, jetzt den Abschluss der Beitrittsverhandlungen herbeizuführen. Es bleibt dann ohnehin noch viel zu tun, um die Bevölkerung von einem Beitritt zu überzeugen. Und da finde ich, wird zu wenig gemacht. Natürlich kann mit einer Kampagne jetzt vor dem Ende der Verhandlungen mit der EU nicht mehr begonnen werden, aber ich betonte immer wieder, dass es nicht nur um eine Kampagne geht, sondern um eine Einladung an die Zivilgesellschaft, diesen Überzeugungsprozess mitzugestalten. Und das kann nur funktionieren, wenn große Teile der Zivilgesellschaft selbst überzeugt sind. Derzeit hört man aber nur die Gegner des Beitritts, sie gehen auf die Straße und demonstrieren.