Das Beilin-Rabbou-Abkommen

Mit der Ausarbeitung eines Friedensabkommens haben prominente Israelis und Palästinenser bewiesen, dass ein solches Friedensabkommen möglich ist, wenn man auch den Willen dazu hat.
Soeben vernahm ich die Nachricht, dass die israelische Armee drei Hochhäuser im Gazastreifen gesprengt hat. Die Begründung: Palästinenser hätten von dort aus israelische Truppenbewegungen beobachtet! Angesichts solcher Meldungen bzw. den ihnen zugrundeliegenden Handlungen fragt man sich, wie jemals Frieden im Nahen Osten entstehen oder zumindest die Spirale der Gewalt unterbrochen werden kann. Sicher, auf beiden Seiten gibt es einige mutige Menschen die der Gewalt überdrüssig sind beispielsweise israelische Piloten, die sich weigern, Einsätze gegen die palästinensische Bevölkerung zu fliegen.

Selbstzerstörung

Susan Sonntag, die heuer mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, meinte einmal über israelische Soldaten, die den Einsatz in den besetzten Gebieten verweigerten: „Die Wahrscheinlichkeit, dass eure Akte des Widerstands die Ungerechtigkeit nicht beenden können, erspart euch nicht, so zu handeln, wie ihr es für das wahre Interesse eures Volkes haltet. Es ist nicht Israels wahres Interesse, Unterdrücker zu sein. Es ist nicht Amerikas wahres Interesse, Hypermacht zu sein, die ihren Willen jedem Land der Erde aufzwingen kann wie es ihr beliebt.“
Und der israelische Schriftsteller David Grossman meinte in einem Beitrag unter dem Titel: „Wir zerstören uns selbst“ zur Aktion der 27 israelischen Piloten, die die Bombeneinsätze in dichtverbautes Gebiet verweigern: „Ein Staat darf nicht wie eine Terrororganisation handeln. Ein Argument dafür, und nicht das geringste, sind die zerstörerischen Auswirkungen für die eigene Gesellschaft. Ein anderer Grund ist, dass ein Staat keine Liquidierung, Exekutionen und Morde ohne Gerichtsbeschluss vornehmen darf, wie er damit teilweise seine Legitimation gegenüber den Terrororganisationen verliert.“

Unverständnis bei Sharon

Die Aktion der 27 Piloten stieß bei der Bevölkerung vielfach auf Unverständnis und Ablehnung und bei der israelischen Regierung auf Hass und Bereitschaft zu Sanktionen. Auf Scharons totale Ablehnung stieß auch eine andere Initiative, nämlich die Ausarbeitung eines Friedensabkommens durch prominente Israelis und Palästinenser. Sie wollten beweisen, dass ein solches Friedensabkommen möglich ist, wenn man auch den Willen dazu hat.
An der Spitze dieser Gruppe, die nicht nur den Willen zum Frieden, sondern auch die Bereitschaft, sehr konkret daran zu arbeiten hat, stehen Yossi Beilin und Yassir Abd Rabbou. Ich kenne beide, aber vor allem Yossi Beilin, der schon bei den Oslo-Verhandlungen dabei war und auch kurzzeitig Außenminister Israels war.

Frieden ist möglich

Beide waren am vergangenen Donnerstag in Wien und stellten im Kreisky Forum ihr „Abkommen“ vor. Durch meinen Aufenthalt in Straßburg konnte ich erst nach dem Vortrag zu ihnen stoßen, aber ich war froh, noch Möglichkeiten zu besprechen, wie wir auf europäischer Seite und insbesondere auch im Europäischen Parlament helfen könnten. Wir dürfen sie jetzt nicht im Stich lassen, sondern müssen alles unternehmen, um dem Unvermögen von Scharon und Arafat, zum Frieden zu kommen, einen konkreten und auch machbaren Friedensplan gegenüberzustellen. Und da an diesem Plan auch israelische Militärs mitgearbeitet haben, sind es nicht Hirngespinste von „Gutmenschen“, die hier auf Papier gebracht wurden, sondern machbare und umsetzbare Pläne, wenn man nur will!
Wien, 26.10.2003