Das Rad dreht sich

Die Aufgaben der Europäischen Union sind nicht nur im Inneren wichtig, sondern tragen auch ganz erheblich zur Stabilität unserer Nachbarschaft bei.
Auch die ganz „normale“ Alltagsarbeit im Europäischen geht voran.

Slowenische Präsidentschaftsvorbereitungen

So hatte sich in dieser inhaltsreichen Brüssel-Woche auch der Europaminister aus Slowenien bei mir gemeldet, um über die Vorbereitung der slowenischen Präsidentschaft zu beraten, die nach der deutschen und der portugiesischen Präsidentschaft im kommenden Jahr im Frühjahr 2008 zum Zug kommen wird. Slowenien ist zweifellos ein Land, das sich, wie alle anderen kleinen Länder sehr bemühen wird, diese Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Und es ist das erste Land aus der Gruppe der neuen Erweiterungsländer, das eine Präsidentschaft übernehmen wird.
Neben allgemeinen Themen, die Slowenien betreffen werden, nicht zuletzt auch die Verfassungsfrage, bin ich als Berichterstatter für den EU-Beitritt Kroatien auch auf dieses Land zu Sprechen gekommen. Die Konflikte zwischen Slowenien und Kroatien, vor allem hinsichtlich des Grenzverlaufes in Land-, aber auch im Seebereich, wodurch auch die Fischerei betroffen ist, sind für Europa grotesk. Aber es ist normal, dass derartige Kleinigkeiten, die, zumindest was die Seegrenze betrifft, auch wirtschaftliche Auswirkungen haben, entsprechende Konsequenzen auf den Verlauf der Verhandlungen über Kroatiens EU-Mitgliedschaft haben können.

Slowenisch-kroatische Grenzkonflikte

Ich werde in derartigen Gesprächen, die ich sowohl mit der kroatischen als auch slowenischen Seite führe, nicht sehr viel erreichen können. Aber vielleicht können doch manche Ideen und Impulse dabei weiterhelfen, wie wir dieses Problem der Grenzkonflikte zwischen Slowenien und Kroatien so behandeln können, dass wir doch die Verhandlungen über den Beitritt Kroatiens in Ruhe weiterführen können.
Kroatiens EU-Mitgliedschaft ist ohne Zweifel ein wichtiger Beitrag für die Integration der gesamten Region in der Europäischen Union. Mit dieser Frage haben wir uns auch bei zwei anderen Gelegenheiten beschäftigt. Zum einen war das im außenpolitischen Ausschuss, als wir eine Resolution in Zusammenhang mit Montenegro diskutiert und verabschiedet haben. Wir wollten dadurch die entsprechende Unterstützung geben, sich vorzubereiten und seine Reformen rechtzeitig vorzunehmen, bevor überhaupt über einen Kandidatenstatus nachgedacht wird.

Europäische Wiederaufbauagentur

Zum anderen war die Frage ein Thema im Zusammenhang mit der Wiederaufbauagentur, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass wirtschaftliche Investitionen und Reformen vorangetrieben worden sind. Nachdem sich die Länder allerdings unterschiedlich entwickeln, soll die Agentur mit Ende 2008 aufgelöst werden.
Ich habe in meinem diesbezüglichen Beitrag im Parlament darauf hingewiesen, dass wir aufgrund der prekären Situation in Serbien in Zusammenhang mit dem Kosovo, aber auch aufgrund der prekären Situation nach den Wahlen in Bosnien-Herzegowina gerade in den kommenden Wochen viel Sorgfalt und Konzentration der Europäischen Union erwarten. Es ist zwar kein größerer militärischer Konflikt zu erwarten, würden wir uns nicht so verhalten. Aber es geht ja nicht nur allein darum, größere Konflikte zu vermeiden. Wir müssen außerdem die Entwicklung positiv vorantreiben.

Brücken schlagen

Das war im Übrigen auch Thema eines Gespräches mit dem letzten Hohen Beauftragten für Bosnien-Herzegowina, Christian Schwarz-Schilling. Auch er hat genau in dieser Linie argumentiert, dass es jetzt darauf ankommt, nach den Wahlen die Brücke zwischen jenen zu spannen, die viel zu laut die Bedeutung der ethnischen Gruppen und Einheiten betont haben und jenen, die von heute auf morgen dazu übergehen wollen, die ethnischen Einheiten aufzulösen und einen einheitlichen Staat zu schaffen. Das sind zum Teil jene, die das bosnische Element, man könnte auch sagen das bosnisch-muslimische Element, unterstützen wollen. Und gerade wenn auf der anderen Seite vor allem die Serben, zum Teil aber auch kroatische Gruppierungen, die ethnische Struktur unterstützen wollen, ist umso wichtiger, einen vernünftigen Weg der Integration zu beschreiten.
In das Präsidium wurde der bosnische Vertreter Haris Silajdzić gewählt, der den Verfassungsentwurf abgelehnt hatte, weil dieser für ihn ein zu wenig einheitlich strukturiertes Bosnien vorgesehen hat. Zugleich ist Dodik gestärkt worden, der im Gegenteil dazu genau diese ethnischen Strukturen unterstützen möchte. Aus dieser Konstellation wird sich mit Sicherheit eine interessante Debatte entspannen. Wichtiger als die Debatten sind allerdings die konkreten Regelungen, allen voran das Annähern an eine neue Verfassung. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Aufgaben der Europäischen Union nicht nur im Inneren wichtig sind, sondern auch ganz erheblich zur Stabilität unserer Nachbarschaft beitragen. Und der innere und äußere Frieden hängen bekanntlich sehr eng zusammen.

Brüssel, 13.10.2006