Der Kroatien-Bericht

Der EU-Beitritt Beitritt Kroatiens im Jahr 2011 oder 2012 steht noch in den Sternen. Fest steht hingegen, dass sich Kroatien auch weiter anstrengen muss.
In dieser Woche stand die Entscheidung über den Bericht zum EU-Beitritt Kroatiens, den ich im Namen des Europäischen Parlaments verfasst habe, auf der Tagesordnung.

Große Zustimmung

Das Plenum gab meinem Bericht eine etwa 90%ige Zustimmung und ich bin sehr froh, dass es hier doch eine sehr klare Haltung gibt. Für einige war der Wunsch, 2009 zum Abschluss der Verhandlungen zu kommen, zu optimistisch. Aber selbst in diesem Fall dauert es ohnedies noch zwei weitere Jahre, bis der Beitritt erfolgen kann.
Das Europäische Parlament muss zuerst eine Zustimmung zum Verhandlungsergebnis geben. Dieses wird allerdings im Juni 2009 neu gewählt und hat im Übrigen zuerst andere Aufgaben zu erfüllen wie etwa die Wahl des Kommissionspräsidenten und die Entscheidung über die Kommission insgesamt. Der Ratifizierungsprozess als solches kann also wahrscheinlich erst im Jahre 2010 stattfinden, und wenn er auf ein Jahr kurz gehalten werden kann, ist es gut. Dennoch: Der EU-Beitritt Beitritt Kroatiens im Jahr 2011 oder 2012 steht noch in den Sternen. Fest steht hingegen, dass sich Kroatien auch weiter anstrengen muss.

Namensstreit

Wir haben bei unserer Plenarsitzung auch eine Debatte über Mazedonien geführt. Der zuständige Berichterstatter hat einen durchaus ausgewogenen Beitrag vorgelegt. Viele griechische Kollegen waren nicht ganz einverstanden, weil es bekanntlich seit Jahren einen Streit zwischen Griechenland und Mazedonien über die Namensfrage gibt. Griechenland behauptet, dass Mazedonien auch ein Teil Griechenlands ist und Mazedonien daher diesen Namen nicht für sich beanspruchen kann.
Aus meiner Sicht ist der Einwurf Griechenlands einerseits etwas übertrieben und eigenartig. Andererseits ist es für mich durchaus vorstellbar, dass sich Mazedonien den Namen „Neue Republik Mazedonien“ oder „Republik Neumazedonien“ gibt und damit einen Kompromiss herbeiführt. Mazedonien hat sich allerdings geweigert, das zu tun. Daher ist die Aufnahme Mazedoniens in die Nato beim Nato-Gipfel in Bukarest am Veto Griechenlands gescheitert.

Vertagung

Die Mehrheit im Europäischen Parlament steht zwar eher auf der Seite Mazedoniens. Trotzdem bringt es nichts, wenn wir Mazedonien unterstützen und in seiner Haltung bestärken und dadurch eigentlich den Konflikt verschärfen und Öl ins Feuer gießen. Aus diesem Grund habe ich beantragt, die Abstimmung bis übernächste Woche auf die Plenartagung in Straßburg zu verschieben, um in der Zwischenzeit eine Formulierung zu finden die ausgewogener ist und beide Seiten deutlich drängt, in Verhandlungen einzutreten und wirklich nach vorne zu gehen.
In der Zwischenzeit hat sich in Mazedonien das Parlament aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben. Das ist aus meiner Sicht kontraproduktiv und bedeutet eine Unterbrechung des Vorbereitungsprozesses zur Mitgliedschaft in der EU. Der mazedonische Premierminister hat aber die aktuelle Situation um den Namensstreit ausgenützt, um die Emotionen im Lande entsprechend zu nützen und einen Wahlsieg einzufahren. Diese Entscheidung ist weder klug noch zeugt sie von besonderer Reife. Wir werden sehen, wie wir mit dem Mazedonienbericht in dieser Situation umgehen. An diesem Beispiel zeigt sich jedenfalls leider, dass Mazedonien noch weit davon entfernt ist, Verhandlungen über einen EU-Beitritt aufzunehmen. Und das finde ich an und für sich sehr enttäuschend.

Mutige Schritte setzen

Insgesamt ist die Lage am Balkan nach wie vor sehr schwierig. Trotzdem oder gerade deswegen müssen wir wenigstens auf unserer Seite Ruhe bewahren und danach trachten, eine positive Weiterentwicklung voranzutreiben.
Das spricht für mich umso stärker für das Argument, Kroatien wirklich die Chance zu geben, nach Einhaltung aller Kriterien und nach Erfüllung aller Verpflichtungen möglichst bald der EU beizutreten. Nur so können wir signalisieren, dass man nicht den nationalistischen, engstirnigen Weg gehen muss, sondern den Weg der Reformen und der Anpassung. Und dass man manchmal auch mutige Schritte unternehmen muss, um das klare Ziel der Mitgliedschaft in der EU zu verfolgen.

Brüssel, 10.4.2008